Die Überschrift erinnert dich an etwas? Ja, genau, das ist ein Teil des Cicero-Zitats, das in meinem Post Unser Experiment mit dem Bio-Acker auftaucht. Komplett heißt es in der gängigen Übersetzung “Wenn du einen Bibliothek und einen Garten hast, wird es dir an nichts fehlen”. Ich glaub’ ja, dass bei dem Teil mit dem Garten irgendwas in der Übersetzung schief gegangen ist, siehe meinen Bio-Acker-Post. Aber das Lob der Bibliothek kann ich voll unterschreiben.
Wobei die Arten von Bibliothek, über die ich heute sprechen will, auch eher ein freie Interpretation von Cicero sind. Er hat sicherlich eine hauseigene Bibliothek gemeint. Die finde ich auch toll. Meine Eltern zum Beispiel haben mehrere Tausend Bücher, und ich habe als Kind unter anderem die Gesamtausgabe von Karl May mit Begeisterung in mich hineingesogen. Wenn Bücher in unserer Familie nicht so wichtig gewesen wären, hätte ich mir wahrscheinlich nicht selber Lesen beigebracht.
Aber Bücher und Lesen wichtig zu finden, muss nicht damit einhergehen, dass einem die Bücher auch gehören. Ich fühle mich inzwischen freier, je weniger physische Dinge ich besitze. Klar, was Bücher und andere Medien angeht, sind die digitalen Versionen eine Lösung. Die nutze ich natürlich auch. Aber – wie genial – ich muss gar nicht alle Bücher kaufen, die ich lesen will. Denn es gibt öffentliche Bibliotheken, die für erstaunlich wenig Geld Zugang zu praktisch allen Büchern bieten, die jemals geschrieben wurden.
Die Leihbücherei
Die erste öffentliche Bibliothek, die ich kennengelernt habe, war die Leihbibliothek in unserem kleinen Ort. Ich kann mich noch genau erinnern, dass der Raum mit den Kinderbüchern gleich links vom Eingang lag. Und an den Geruch. Für sich genommen nicht eindeutig angenehm. Der Geruch von älterem Papier, das immer auch etwas Feuchtigkeit aufnimmt. Aber für mich war das der Geruch der Abenteuer von Enid Blyton’s Fünf Freunden in ihrem englischen Dorf, ja, ich gestehe, Hanni und Nanni im Internat, und Justus, Peter und Bob, den Detektiven aus Die drei ??? mit ihrem Wohnwagen-Hauptquartier auf dem Schrottplatz bei Los Angeles, bei denen ich dabei sein konnte. (Wenn du keinen der Protagonisten kennst, liegt das wahrscheinlich nicht an dir, es ist einfach schon SEHR lange her…).
Damals natürlich alles noch komplett analog. Ich hatte einen Leseausweis aus Papier. Und ganz hinten im Buch war eine Papplasche angebracht, in die die Ausleihkarte mit dem aufgestempelten Rückgabedatum gesteckt wurde. Probleme mit dem Überschreiten der Ausleihdauer gab es bei mir nie: Ich war jede Woche in unserer Leihbücherei, um mir neues “Futter” zu holen.
Wissenschaftliche Bibliotheken
Während meines Studiums habe ich dann auch wissenschaftliche Bibliotheken genutzt. Ich habe meine Diplomarbeit Anfang der 90er-Jahre über die Möglichkeiten und Zukunftsperspektiven russischer Außenhandelsunternehmen geschrieben. Wie bin ich gerade darauf gekommen? Ich weiß es nicht. Vielleicht, weil das damals nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion ein sehr aktuelles Thema war.
Mit der Aktualität war aber auch verbunden, dass es praktisch keine wissenschaftliche Literatur in Buchform gab, die ich für meine Arbeit verwenden konnte. Erfreulicherweise hatte ich mit der Fachbibliothek und Dokumentation des Hamburger Weltwirtschaftsarchivs eine fantastische Quelle fast vor der Haustür. Ich konnte dort auf Essays und Zeitschriften zugreifen und habe gelernt, Mikrofiches in das dafür vorgesehene Lesegerät einzulegen. Diese Fertigkeit brauchte ich bis dato zwar nie wieder, aber so what.
Zu wenig Energie zum Lesen
Tja, und dann hatte ich eine jahrelange Bibliotheks-Abstinenz. Was ich lesen wollte, habe ich mir gekauft. Auch die wissenschaftlichen Bücher, die ich für mein zweites Studium brauchte. Wahrscheinlich hätten wir mit unserem Sohn wieder eine öffentliche Bücherei genutzt, wenn er in seiner Schule nicht eine fantastisch ausgestattete Bibliothek gehabt hätte, die er ausgiebig genutzt hat.
Und nachdem ich meinen Wochenend-Pendler-Job angenommen hatte, fehlten mir Zeit und Energie, um viel über mein auf dem Kindle verfügbares Portfolio hinaus zu lesen: Nach drei Seiten fielen mir am Abend sowieso die Augen zu. Das war zwar finanziell günstig, aber intellektuell nicht befriedigend.
Frugal Win Staats- und Universitätsbibliothek
Inzwischen habe ich meine Prioritäten verschoben: weniger Geld, mehr Leben. Ich bin sehr glücklich über die Erkenntnis, dass ich etwas verändern musste. Und sehr dankbar, dass ich auch die Möglichkeit hatte, dies umzusetzen. Und, schwupps, da kommt auch die Bibliothek wieder ins Spiel.
Sie ist nämlich ein echter Frugal Win. Ich bin bekennender Fan des Angebots unserer Staats- und Universitätsbibliothek: Nicht-Studierende können für 20 Euro pro Jahr fast das gesamte Angebot der Haupt- und Fachbibliotheken nutzen. Es gibt sogar noch Ermäßigungen, so kostet zum Beispiel der Ausweis für Arbeitslose nur 5 Euro pro Jahr. Mach dir doch einfach mal den Spaß und stöber durch den Katalog der Stabi. Es ist abgefahren, was dort an Wissen gesammelt ist.
Entertainment-Center mit Community-Funktion
Für mich ist diese Bibliothek aktuell völlig ausreichend. Ich könnte mich aber auch bei unserer “normalen” öffentlichen Bibliothek, den Hamburger Bücherhallen, anmelden. Das kostet für Erwachsene 40 Euro im Jahr. Auch hier gibt es wieder Ermäßigungen. Was ich gerade erst realisiert habe: Wenn man die Bestände nur vor Ort nutzen will, ist dies sogar kostenlos möglich. Das ist doch genial, oder?
Die Bücherhallen haben sowohl ein Riesen-Belletristik- als auch Sachbuch-Angebot. Sehr viele Titel gibt es inzwischen als E-Book-Version mit Online-Leihe. Du kannst Zeitschriften, DVDs und Spiele ausleihen. Und es gibt in den Bücherhallen regelmäßig Veranstaltungen.
Büchereien gibt es (fast) überall
Falls du jetzt denkst, ja klar, das ist ja auch in der Großstadt, so was gibt es bei mir bestimmt nicht, könntest du falsch liegen: Ich habe gerade mal recherchiert, ob es die Bücherei noch gibt, die ich als Kind genutzt habe. Getippt hätte ich, dass in dem kleinen Ort maximal noch ein Büchereibus vorbei kommen würde.
Aber nein, komplett falsch. Die Bücherei existiert noch, es gibt Online-Ausleihe und Veranstaltungen. Sie wird wohl auch rege von Kindern genutzt, die sie über die Zusammenarbeit mit den lokalen Schulen kennen lernen. Die Ausleihzahlen steigen sogar an. Es scheint nur viele Erwachsene zu geben, denen das Angebot gar nicht bewusst ist. Also, vielleicht gibt es auch in deinem Ort eine öffentliche Bücherleihe, die du noch gar nicht kennst.
Der Film zum Buch
Und ich bin nicht der einzige Bücherei-Liebhaber unter den FI(RE)-Bloggern. Root of Good, Mr Money Mustache und Mr Tako Escapes sind bei diesem Thema auch missionarisch unterwegs, gerade was Familien angeht. Mega-Frugal-Win natürlich, wenn die Ausleihe komplett kostenfrei ist.
Aber vielleicht bist du ja auch schon so ein Fan öffentlicher Bibliotheken wie wir. Dann habe ich für’s Wochenende einen tollen Tipp für dich (gilt auch für New York Fans, und natürlich auch für alle anderen Begeisterungsfähigen – dazu gehörst du ja bestimmt ;-)). Schau dir den Film “Ex Libris – New York Public Library” von Frederick Wiseman an. Das ist ein Dokumentarfilm, aber überhaupt nicht trocken. Für mich mit einem Wahnsinns-Feel-Good-Vibe. Lass dich anstecken …
Du findest den Film auf Amazon. Aber vielleicht auch in deiner Bibliothek vor Ort?
Ex libris – Die Public Library von New York (kein Affiliate-Link)
Katrin / Financial Independence Rocks.
2 Comments
Rita
April 11, 2019 at 1:36 pmIch bin auch ein sehr großes Fan öffentlicher Bibliotheken, die ich regelmäßig nutze. Trotzdem finde ich, Bücher nie zu kaufen, wäre nicht der richtige Ansatz, also am falschen Ende gespart. Auch die Autoren müssen ja von etwas leben (und wollen vielleicht sogar ebenfalls finanzielle Unabhängigkeit erreichen ;-). Danke für den Hinweis auf die Doku, werde ich mir anschauen!
Financial Independence Rocks!
April 11, 2019 at 1:41 pmHallo Rita,
guter Punkt! Vielleicht nützt es Autoren auch, dass Bibliotheken mehr Online-Lizenzen kaufen, als sie es bei physischen Büchern machen würden? Aber ich kenne mich da überhaupt nicht aus. Viel Spaß mit dem Film, er ist übrigens so lang, dass man ihn auch gut auf zwei Abende verteilen kann.