Huhu, dies ist ein Post speziell für Berufseinsteiger. Ich mache eine Serie Personal Finance 1.0 zu Finanz-Themen, die du zum Start ins Erwachsenenleben kennen solltest. Wenn du schon älter bist: Vielleicht kennst du ja jemanden, für den diese Infos nützlich sein könnten. Dann freue ich mich, wenn du sie teilst.
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Dies ist der zweite Teil meines Posts zu den Konten, die du als Berufsanfänger haben solltest. Den ersten Teil findest du hier.
Wirklich notwendig ist nur das Girokonto, über das ich im ersten Teil geschrieben habe. Aber du hast ja die Chance, dich schon als Berufseinsteiger mit persönlicher Finanzplanung und Vermögensaufbau zu beschäftigen. Und dann sind die Konten, die ich dir in diesem Post vorstellen möchte, hilfreiche Tools, die deine Planung an unterschiedlichen Stellen unterstützen können.
Alles erstes eine Notfallreserve aufbauen
Wenn du schon mal in meinen Post Bau einen Plan für deine finanzielle Unabhängigkeit geschaut hast, weißt du, dass ich dir empfehle, möglichst schnell eine Notfallreserve aufzubauen. Im Normalfall das drei- bis sechsfache deiner monatlichen Ausgaben. Für mich ist das auch wirklich eine Reserve für echte Notfälle. Also für ungeplante und nicht absehbare Ereignisse. Das ist nicht der Topf, aus dem jedes Mal etwas entnommen wird, wenn jährliche Versicherungen gezahlt werden müssen.
Diese Reserve muss im Notfall kurzfristig liquide sein. Theoretisch könntest du sie also auch auf deinem Girokonto lassen. Das würde ich allerdings nicht tun. Denn optimalerweise erzielt auch deine Notfallreserve einen Ertrag, so lange du sie nicht brauchst. Girokonten haben in der Regel eine sehr niedrige Guthabenverzinsung, wenn überhaupt ein Zins angeboten wird.
Die Reserve separat “parken”
Aktuell sind die Zinsen in Deutschland leider so niedrig, dass der Ertrag auch bei den Alternativen verschwindend gering ist. Trotzdem würde ich schon aus psychologischen Gründen meine Notfallreserve von meinem “normalen” Ausgaben-Konto trennen. Das Konto meiner Wahl wäre dafür ein Tagesgeldkonto.
Theoretisch kann man auch ein Sparbuch nutzen – sehr old school. Aber dort kann im Fall der Fälle nicht unbedingt der gesamte Betrag sofort liquidiert werden, sondern es gibt häufig eine Begrenzung auf z.B. 2.000 Euro/Monat. Das könnte bei einem größeren Notfall zum Problem werden.
Meine Wahl: ein Tagesgeldkonto bei einer Direktbank
Ich selber setze stattdessen auf ein online zugängliches Tagesgeldkonto bei einer Direktbank. Dort ist das gesamte Kapital täglich verfügbar. Bei “normalen” Zinsniveaus sind auch die Zinsen auf Tagesgeldkonten attraktiv.
Wenn du außerhalb von Deutschland bzw. der Eurozone lebst, musst du mal schauen, wie vergleichbare lokale Produkte aussehen. In deinem Land kann auch die Verzinsung für tages-gebundene Anlage deutlich besser sein. Dies hängt von der Höhe des Basiszinses ab, der z.B. in den USA aktuell über 2% liegt, während er in der Eurozone nur 0% beträgt.
Viele Banken bieten Tagesgeldkonten an. Auch Banken, die du so vielleicht noch gar nicht wahrgenommen hast, wie zum Beispiel die Renault- oder die Volkswagenbank. Wenn du mal Tagesgeldvergleiche googlest, wirst du sehen, dass sich der Anbieterkreis auch nicht auf Deutschland beschränkt.
Private oder gesetzliche Einlagensicherung?
Wichtig ist, dass deine Anlage auf einem Tagesgeldkonto so sicher wie möglich sein sollte. Innerhalb von Deutschland gibt es zwei Absicherungsvarianten: Zum einen haben die deutschen Banken eigene Einlagensicherungsfonds innerhalb ihrer Verbände, also Privatbanken, Sparkassen etc.. Hier sind sehr hohe Einlagen pro Person und Bank abgesichert.
Zum anderen gibt es einen europäischen Einlagensicherungsfonds, der generell Einlagen bis 100.000 EUR pro Kunde und Bank garantiert. Im Ernstfall wird aber trotzdem keine sofortige Auszahlung möglich sein. Die Zahlungsunfähigkeit einer Bank ist auch keine theoretische Angelegenheit. Im Herbst 2008 waren jede Menge deutsche Anleger von der Kaupthing-Bankenpleite in Island betroffen, die bis kurz vorher noch Tagesgelder mit attraktiv erscheinenden Zinsen eingeworben hatte.
Banken werden nicht immer gerettet
Und wir selber sind glücklicherweise knapp der Schließung der noa bank im Sommer 2010 entgangen. Die Bank hatte sich sehr ethisch korrekt und kompatibel zu jungen, urbanen Milieus positioniert. Man konnte auswählen, in welche Projekte die eigene Anlage investiert werden sollte. Medial war die noa bank zu dem Zeitpunkt eine Erfolgsstory, smarter Gründer, “die moralisch bessere Bank”, sehr weit vorn auch in der Online-Kommunikation.
Ich bin misstrauisch geworden, als Ende Juni 2010 unser Sparraten-Dauerauftrag nicht mehr angenommen wurde – angeblich wegen des zu großen Erfolges. Es gab wohl auch tatsächlich ein Überangebot an Kapital, dem nicht so schnell genügend Nachfrage an Krediten gegenübergestellt werden konnte. Jedenfalls hatte ich ein sehr schlechtes Bauchgefühl und wir haben das Konto sofort komplett geräumt. Am 18. August 2010 wurde die Bank von der Bafin faktisch geschlossen.
Da die noa bank keinem der Bankenverband eigenen Einlagensicherungsfonds angehörte, griff zwar die gesetzliche Sicherung. Die betrug aber zum damaligen Zeitpunkt nur 50.000 EUR pro Person. Auch hier haben Anleger Geld verloren.
Deine Notfallreserve ist kein Risiko-Kapital
Ich erzähl dir das, weil mir auffällt, wie leichtfertig nach meinem Verständnis zum Beispiel bestimmte p2p-Anlagen im europäischen Ausland aufgrund ihres geschickten Produktmarketings in Foren und Kommentarbereichen wie eine 1:1 Alternative zu einem klassischen, inländischen Tagesgeldkonto besprochen werden. Es wäre ja auch so schön, die deutliche höheren Zinsen hätte natürlich jeder gerne. Das Ganze kann gut gehen – aber eben auch nicht.
Also geh mit deiner Notfallreserve kein unnötiges Risiko ein. Denn am Zusammenhang “höherer Zins = höheres Risiko” hat sich exakt nichts geändert. Und am Problem “Gier frisst Hirn” leider auch nichts.
Depot-Konto/Brokerage-Konto
Was auch interessant sein kann – so machen wir es selber – ist eine Kombination aus Tagesgeldkonto und Depotkonto. Das heißt, neben der Notfallreserve werden auch Sparraten für Käufe von ETFs, Aktienfonds oder Einzelaktien auf dem Tagesgeldkonto “geparkt”. Und das Tagesgeldkonto fungiert dann gleichzeitig als Verrechnungskonto für das Depot.
Ich finde das sehr komfortabel. Früher habe ich auch eine zeitlang “Tagesgeld-Hopping” betrieben. Also regelmäßig neue Tagesgeldkonten eröffnet und Geld hin- und hergeschoben. Bei den aktuellen Zinsen steht der Ertrag für mich aber nicht mehr in einem sinnvollen Verhältnis zum Aufwand.
Angebote vergleichen
Du kannst ein Depotkonto natürlich auch komplett separat einrichten. Wenn du deine Notfallreserve aufgebaut hast und jetzt zum Beispiel einen ETF besparen möchtest, kannst du bei justetf.com (kein Affiliate-Link) schauen, bei welcher Bank der ETF als Sparplan angeboten wird, und wer bei der geplanten Höhe deiner Sparrate besonders günstige Bedingungen bietet.
Es gibt im Internet diverse Depot-Vergleiche hinsichtlich Kosten, Ordermöglichkeiten etc. Du solltest dich schon mit den unterschiedlichen Angeboten auseinandersetzen. Aber ich würde daraus keine Wissenschaft machen. Die meisten Direktbanken haben vernünftige Gebührenmodelle.
Einfach anfangen
Als Anfänger würde ich erst mal dort starten. Du kannst immer noch zu einem der Spezial-Broker wechseln, wenn deine Expertise größer ist und du dann vielleicht andere Anforderungen hast. Ansonsten kann man in vielen Foren auf Blogs zum Investment in Aktien häufig bei Einsteigern “paralysis by analysis” feststellen.
Das heißt, vor lauter Angst, noch nicht DEN absolut günstigsten Broker gefunden zu haben, wird gar nicht investiert. Weil es wichtig ist, nicht nur über Anlagemöglichkeiten zu philosophieren, sondern auch echte eigene Erfahrungen zu machen – wie reagiere ich wirklich, wenn die Kurse runter gehen? – ist es aber keine gute Idee zu lange zu warten. Und wenn du Pech hast, kostet dich das zu lange Recherchieren nach der optimalen Lösung, die es wahrscheinlich sowieso nicht gibt, mehr Erträge als Gebührenunterschiede effektiv ausgemacht hätten.
Also, mach’s dir nicht zu kompliziert. Ich würde mir ein Online-Depot mit breitem ETF-Angebot und transparenter und wettbewerbsfähiger Gebührenstruktur suchen. Heißt für mich: keine Depotgebühren, keine Gebühren für Dividendenausschüttungen, möglichst weniger als 1% Ordergebühren für eine Einzelorder um die 1.000 Euro. Bei monatlichen Sparplänen mit Raten um die 100 Euro wird man wahrscheinlich eher bei 1,5 – 1,75% landen. Es gibt auch Angebote mit einer fixen Gebühr pro Sparplan-Ausführung. Darüber kannst du die prozentuale Gebühr senken, wenn du z.B. statt einer monatlichen Ausführung mit 100 Euro Sparrate eine quartalsweise Ausführung mit 300 Euro Sparrate beauftragst.
Die klassischen Banken sind für mich aufgrund ihrer Gebührenmodelle keine Alternative.
Kreditkarten-Konto
So, und zum Schluß noch mal ganz kurz zum Thema Kreditkarte. Leider kann man dieses “Tool” in Deutschland nicht so super in eine persönliche Finanzstrategie einbauen wie in den USA. Dort gibt es kontinuierlich Kartenangebote, die so attraktive Sign-up-Boni und Reward-Systeme bieten, dass ganze Familien tatsächlich Reisen und Urlaube (fast) komplett aus dem normalen Einsatz der Karten bestreiten.
Hierbei hilft zusätzlich, dass deutlich mehr Ausgaben über die Karten abgewickelt werden können als in Deutschland. Also zum Beispiel auch Zahlungen an Versorger und Steuerzahlungen. Teilweise sind die Karten sogar noch mit einem Cashback gekoppelt. Da ist man dann irgendwann beim win-win-win. Allerdings nur, wenn man den Saldo auch wirklich an jedem Monatsende ausgleicht.
Kreditkarten-Reward-Wüste Deutschland
Bei uns kann man zwar auch ein bisschen Meilen sammeln und es gibt auch Angebote mit Cash-Back. Aber mein Eindruck ist, dass man oft mit etwas Recherche und Kauf bei günstigen Anbietern mehr sparen kann. Viele Girokonten enthalten inzwischen standardmäßig eine Kreditkarte.
Wenn es keine Kreditkarte dazu gibt, du aber eine haben möchtest, schau dir die verschiedenen Angebote an und rechne dir aus, wo du den größten Vorteil hast. Teilweise haben einzeln angebotene Karten ja auch Jahresgebühren. Je nach Lebensstil könnten auch die Debitkarten, die inzwischen von einzelnen Fintechs ausgeben werden, interessant sein. Darüber hatte ich ja schon im ersten Teil geschrieben.
Tja, damit schließt sich der Kreis. Jetzt hast du eine gute Grundlage, um selber weiter zu recherchieren.
Nachtrag vom 5. Juli 2019: Die ING hat gerade angekündigt, dass die VISA-Karte zum kostenfreien Girokonto von einer echten Kreditkarte in eine Debit-Karte umgewandelt wird. De facto ist das eine schlechtere Leistung. Finde ich bei einem kostenfreien Konto in der aktuellen Niedrigzins-Phase ok, muss man aber wissen. Ich könnte mir vorstellen, dass andere Player bei kostenfreien Konten nachziehen.
Katrin / Financial Independence Rocks.
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