Personal Finance 1.0 für Berufsstarter

Welche Konten brauchst du? (1)

Huhu, dies ist ein Post speziell für Berufseinsteiger. Ich mache eine Serie Personal Finance 1.0 zu Finanz-Themen, die du zum Start ins Erwachsenenleben kennen solltest. Wenn du schon älter bist: Vielleicht kennst du ja jemanden, für den diese Infos nützlich sein könnten. Dann freue ich mich, wenn du sie teilst.

Los geht’s!

Im ersten Post der Serie habe ich aufgedröselt, wie sich dein Gehalt zusammensetzt. Oder anders ausgedrückt, wie du von deinem Bruttogehalt zum Nettogehalt kommst. Damit du über dein Nettogehalt auch verfügen kannst, brauchst du in den meisten Ländern inzwischen ein Gehaltskonto, den Umschlag mit bar ausgezahltem Lohn gibt es schon lange nicht mehr.

(Die weiteren Infos gelten zum Zeitpunkt der Erstellung dieses Beitrags in Deutschland. In den anderen europäischen Ländern sind die Systeme ähnlich, aber im Detail und bei den länderspezifischen Gepflogenheiten gibt es einige Unterschied. Check das also auf jeden Fall noch einmal selber, wenn du nicht in Deutschland lebst.)

 

Gehaltskonto = Girokonto

Ein Girokonto ist im ersten Schritt auch das einzige wirklich notwendige Konto. Hierauf wird dein Nettogehalt als Einnahme gebucht. Und du kannst von dort aus alle deine Ausgaben überweisen.

Für viele Ausgaben wie Strom, Gas, Versicherungen, aber z.B. auch Kfz-Steuern kannst du inzwischen den Gläubigern (also deinen “Geschäftspartnern”, denen du die entsprechende Zahlung schuldest), auch eine Einzugsermächtigung erteilen. Dann kümmert sich der Gläubiger darum, dass die Beträge rechtzeitig von deinem Konto eingezogen werden, und du versäumst keine Zahlungen aus Versehen.

Aber Achtung: Du musst aufpassen, dass dein Konto zu den Abbuchungsterminen genügend gedeckt ist. Wenn die Abbuchung nicht ausgeführt werden kann, wird dir der Gläubiger in der Regel eine Gebühr für den erhöhten Aufwand einer zweiten Buchung berechnen.

 

Einzugsermächtigungen versus Daueraufträge

Du kannst stattdessen für regelmäßig wiederkehrende Zahlungen auch Daueraufträge einrichten. Das macht zum Beispiel für die Miete Sinn – oder ist auch Bedingung des Vermieters. Zumindest die meisten privaten Vermieter werden nicht mit Einzugsermächtigungen arbeiten.

Eine interessante Info, die du in diesem Zusammenhang kennen solltest: Vielleicht denkst du im ersten Moment, dass es riskanter sein könnte, einem Geschäftspartner eine Einzugsermächtigung für dein Konto zu erteilen, als selber einen Dauerauftrag einzurichten. Dies sollte im Normalfall allerdings nicht so sein. Du kannst nämlich eine inkorrekte oder generell unzulässig eingezogene Zahlung über deine Bank zurück buchen lassen. Es gilt eine Frist von 8 Wochen ab Abbuchung bei einem fehlerhaften Einzug. (Ist ohne vorliegende Einzugsermächtigung abgebucht worden, hättest du sogar 13 Monate Zeit.) Daher ist es wichtig, dass du Buchungen auf deinem Konto regelmäßig prüfst.

Bei einer fehlerhaften Überweisung oder einem Dauerauftrag kannst du auch versuchen, den entsprechenden Betrag von deiner Bank zurückbuchen zu lassen. Einen Anspruch hierauf gibt es allerdings nicht. Mehr Details zu diesem Thema findest du hier (kein Affiliate-Link).

 

Bargeldlos bezahlen

Zu einem Girokonto gibt es bei regelmäßigem Gehaltseingang in Deutschland klassischerweise ohne weitere Kosten eine EC-Karte zum Bargeld Abheben und bargeldlosem Bezahlen dazu. In anderen Ländern erfüllen Kredit- oder Debitkarten die gleiche Aufgabe, teilweise in einer Kombi mit Verrechnungsschecks. Ich kenne das sowohl aus England als auch aus Frankreich so. In Ungarn konnten wir Tickets für Geschwindigkeitsüberschreitungen bar über die Post einzahlen. Eigentlich ganz spannend, dass die Systeme innerhalb von Europa weiterhin so unterschiedlich sind.

Wenn du nach einem für dich passenden Konto schaust, würde ich darauf achten, dass du einen kostenfreien Zugang zu Bargeldautomaten hast, die für dich gut zu erreichen sind. Hier haben die verschiedenen Banken unterschiedliche  Modelle und Kooperationen. Die Sparkassen zum Beispiel verfügen über ein sehr großes eigenes Netz an Automaten. Diverse Großbanken – unter anderem die Commerz-, Deutsche- und Postbank – haben sich mit ihren Geldautomaten zur Cash-Group zusammengeschlossen.

 

Bargeld mit Kreditkarte?

Bei der Direktbank ING kannst du mit der EC-Karte (also der Debit-Card) deutschlandweit nur an 1.200 ING-Automaten, mit der Visa-Karte aber an über 58.000 Automaten kostenfrei Bargeld abheben. Bei den meisten anderen traditionellen Banken ist das Bargeld-Abheben mit der Kreditkarte dagegen ein teures Vergnügen. Also Vorsicht.

Viele Banken bieten inzwischen über ihre Kreditkarten auch die Möglichkeit, im Supermarkt in Deutschland nicht nur bargeldlos zu bezahlen, sondern zusätzlich gebührenfrei Bargeld abzuheben. Das ist nach meinem Infostand bis zu einem Betrag von 200 Euro pro Einkauf möglich. In den Märkten, wo ich dies System selber schon genutzt habe, war innerhalb der REWE-Gruppe ein Einkaufswert von 20 Euro Voraussetzung, bei EDEKA reichten schon 10 Euro.

 

Filialbank, Direktbank oder Fintech?

Du hast für dein Gehalts-Girokonto die Auswahl zwischen traditionellen Filial- und Direktbanken. Und inzwischen gibt es auch einige Fintechs wie N26 oder bunq, die Girokonten in Deutschland anbieten. Bei den Filialbanken ist das Girokonto normalerweise mit Gebühren verbunden. Bei Direktbanken (dazu gehören prinzipiell auch die Fintechs im Bankbereich) gibt es noch kostenfreie Girokonten, häufig mit einer Mindestanforderung zu monatlichen Gehalts-/Zahlungseingängen.

Die neuen Player aus dem Fintech-Bereich bieten online-Banking per App und Smartphone an. Dabei kann es sein, dass vom System keine Bedienung über einen Browser vorgesehen ist. Das heißt, der Zugriff und Transaktionen sind nur über die App zugänglich, und gegebenenfalls an ein identifiziertes Smartphone gebunden.

Ich finde das Thema Fintechs überhyped – viele der älteren Player bieten inzwischen auch entsprechende Apps, erlauben aber auch alternativ, oder zumindest parallel die Bedienung über den Browser. Das finde ich deutlich komfortabler. “Real-time” und “Push-Benachrichtigungen sind in diesem Bereich Gimmicks, innerhalb von Deutschland werden Buchungen sowieso innerhalb eines Tage gutgeschrieben. Und was vom Konto abgebucht wird, ist sofort sichtbar. Für mich ist das ausreichend, das ist aber natürlich Geschmackssache.

 

Alter Wein in neuen Schläuchen?

Lustig fand ich, dass ausgerechnet das hippe Finanz-Einhorn N26 (falls du den Ausdruck noch nicht kennst: ein “Unicorn” ist ein Start-up, das mit mehr als einer Milliarde bewertet ist, Deutschland hat davon nicht so richtig viele) ein Kontenmodell anbietet, das deutliche Parallelen zum Joker-Modell der HASPA zeigt. Also einer so-was-von-old-school-Sparkasse. Es gibt jeweils eine Basisvariante – allerdings ist diese bei der HASPA auch schon kostenpflichtig. Dafür kann man aber unbegrenzt oft Bargeld abheben. Bei N26 kostet es spätestens nach dem 5. Mal pro Monat Gebühren. Die zwei teureren Konten sind dann bei beiden Anbietern – teilweise über die Kreditkarten – mit Versicherungsleistungen und Einkaufsvorteilen gekoppelt.

Im Vergleich der beiden Premium-Varianten  bietet aus meiner Sicht die HASPA die besseren Leistungen. Auf der anderen Seite sind die Konditionen für Kreditkartenzahlungen im Ausland bei N26 besser. Hier fallen laut aktueller Preisliste keine Gebühren an. Ich nehme an, dass N26 hierzu mit Transferwise kooperiert, mit denen auch bei Auslandsüberweisungen zusammengearbeitet wird. Zu Transferwise gleich noch mehr.

 

Es gibt noch Geburtswehen

Ein Punkt ist zu den Fintechs noch wichtig. Diese Modelle sind noch recht jung, und es kommt, um es mal wertfrei zu formulieren, durchaus noch zu Anlaufschwierigkeiten. So stand bei N26 der Kundenservice in der Kritik. Nicht unwichtig, wenn das der einzig mögliche Kontaktpunkt mit deiner Bank ist.

Und das Foto-Ident-Verfahren, mit dem auch aus dem Ausland Konten eröffnet werden können, hat zu Überprüfungen durch die Bafin geführt. Heute gab es eine aktuelle Meldung im Manager Magazin, nach der die Volksbank Freiburg Zahlungen an N26 und Fidor sperrt, und die Volksbank Rottweil diese separat prüft. Zum einen geht es um möglichen Betrug, aber auch um den Ausschluß von Geldwäsche und Terrorfinanzierung.

 

Störfeuer der etablierten Player?

Man könnte jetzt mutmaßen, dass es den etablierten Banken ganz genehm ist, wenn Problem bei den Newcomern festgestellt werden. Damit macht man es sich aber glaube ich zu leicht. Mein Mann und ich waren Beta-Tester, als AOL in Deutschland startete – Anfang des Jahrtausends einer der größten Internet-Dienste der Welt. Das war spannend.  Allerdings hätte ich überhaupt keine Lust, im Bereich von Banking auch nur ansatzweise als Versuchskaninchen zu dienen.

Mich würde konkret ein Single-Point-of-Access stören, also die komplette Abhängigkeit von einer App. Wenn das noch mit einem rein chat-basierten Kunden-Service gepaart ist, wäre es für mich ein no-go. Das ist alles ganz hip und cool, so lange es gut läuft.

Aber nicht, wenn du plötzlich eine Fehlbuchung auf dem Konto hast, und gleichzeitig der Kundenservice überfordert ist. Bei N26 irritiert mich zusätzlich, dass das Gebührenmodell als “Mitgliedschaftsbeitrag” deklariert wird. Ohne jetzt ins Detail eingestiegen zu sein, gehe ich davon aus, dass dies rechtlich ein relevanter Unterschied sein dürfte. Bei den Kündigungsfristen zum Beispiel scheint es aber keinen Nachteil zu geben. Ich lasse mich also gerne eines besseren belehren.

 

Services wie Transferwise oder Revolut

Wohnst du (teilweise) im Ausland und bist viel in der Welt unterwegs? Erhältst du regelmäßig Zahlungen in anderen Währungen oder musst selber Überweisungen ins Ausland vornehmen? Dann kann es für dich Sinn machen, einen Account bei Transferwise, Revolut oder vergleichbaren Anbietern zu eröffnen.

Diese Services bieten die Möglichkeit, Auslandsüberweisungen und Zahlungen in Fremdwährungen deutlich günstiger abzuwickeln als die klassischen Banken. Zum einen bezieht sich dies auf die günstigeren Gebühren. Zum anderen auf die besseren Wechselkurse.

Ich kenne aus der eigenen Erfahrung nur die Einrichtung eines Accounts bei Transferwise. Die ist extrem einfach. Du kannst dort inzwischen “echte” Kontoverbindungen mit den entsprechenden lokalen Codes (analog IBAN in Europa) für Europa, UK, USA, Australien und Neuseeland anlegen. Dazu “virtuelle” Währungskonten in jeder Menge Währungen. Auf Wunsch bekommst du dazu eine Mastercard-Debitcard. Ein kleiner Warnhinweis: Guthaben auf dem Transferwise-Konto sind nach meinem Infostand aktuell über KEINEN der Einlagensicherungsfonds garantiert. Ich würde hier also keine größeren Beträge “parken”. 

 

Wie mache ich es?

Wie oben geschrieben, kooperieren auch Fintechs zum Beispiel mit Transferwise. Mir ist es lieber, Transferwise als Ergänzung zu nutzen. Als Konto für den Gehaltseingang meines Mannes haben wir vor einiger Zeit ein Girokonto bei einer Direktbank eingerichtet. Das Konto funktioniert über Browser und App. Es gibt aber zusätzlich auch noch die Möglichkeit, den Kundenservice telefonisch zu kontaktieren.

 

Und du?

Du merkst also schon, es gibt viele Möglichkeiten, und je nach individueller Situation kann der eine oder andere Anbieter mehr Sinn machen: ist dir ein persönlicher Kontakt in der Filiale wichtig? Soll das Konto gebührenfrei sein? Brauchst du eine “echte” Kreditkarte, also ein Karte, bei der am Ende des Monats abgerechnet wird? Gerade, wenn du dir vorgenommen hast, keine Konsumschulden aufzubauen, kann eine Debit-Karte eines Kreditkartenanbieters, die schon bei der Zahlung eine Deckung aufweisen muss, eine genauso gute Wahl sein.

Wenn du gleichzeitig ein Tagesgeldkonto und/oder ein Depotkonto eröffnen willst, macht es Sinn, sich die “Bank-Voll-Sortimenter” genauer anzuschauen. Aber du kannst dich auch erstmal darum kümmern, welches Girokonto für dich am sinnvollsten ist. Und dann recherchierst du zu Tagesgeldkonten und Depots, wenn du den zweiten Teil dieses Posts gelesen hast :-).

Eine erste Orientierung für’s Girokonto kannst du dir beim Finanztip-Girokontorechner holen (kein Affiliate-Link).

Katrin / Financial Independence Rocks.

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4 Comments

  • Reply
    Heiko
    June 19, 2019 at 1:24 pm

    Ich habe eine Kreditkarte von Amazon. Das hat gleich mehrere Vorteile. Das fängt an bei den 60 EUR Startguthaben und darüberhinaus gibt es Punkte auf alle Zahlungen. Die verwandeln sich automatisch in Cash Guthaben innerhalb des Amazon Accounts. Da ich einen großen Teil meiner Einkäufe bei Amazon tätige, Kindle nutze und ein Amazon Prime Abo habe, ist das aus meiner Sicht ein attraktives Angebot. Die Kreditkarten meiner Bank nutze ich nur im Notfall, oder wenn aufgrund größerer Anschaffungen das Kartenlimit ausgereizt ist. Die Kehrseite der Medaille ist, dass mich Amazon besser kennt als ich selbst. Aber die übrigen Kartenanbieter sind auch keine Kinder von Traurigkeit, insofern geschenkt.

    • Reply
      Financial Independence Rocks!
      June 19, 2019 at 3:44 pm

      Hallo Heiko,
      die Karte von Amazon finde ich auch eine der wenigen einigermaßen guten Cash-Back-Möglichkeiten. Obwohl ich eigentlich lieber weniger bei Amazon kaufen würde. Ich finde, man kann schon ganz gut sehen, dass die Verschiebungen im Einzelhandel nicht zu spannenderen Städten führen. Aber mich kriegen sie dann doch wieder mit der schnellen Lieferung bzw. wenn ich noch Bücher kaufe, ist es meistens die E-Variante.

      Ich werde im zweiten Teil des Beitrags noch mal ausführlicher auf Kreditkarten-Konten eingehen. Leider haben wir in Deutschland ja nicht so interessante Angebote wie es sie in den USA gibt…

  • Reply
    Heiko
    July 8, 2019 at 10:30 am

    Die Karte ist gut, aber das Drumherum nervt. Kürzlich rief Amazon bei mir an und informierte mich, dass die die Rückzahlung auch in kleinere Beträge stückeln könne. Ich hatte keine Lust lange dazu zu telefonieren, daher sagte ich, Amazon solle mir einfach mal Infos zusenden. Zugesendet wurde dann aber die Bestätigung, dass ich künftig monatlich nur noch 200 € zurückzahlen würde. Der Rest bliebe als Kredit stehen, zunächst zu 0% Zinsen, die dann aber schnell auf 14% hochschnellen. Ich bin dann auf das Online-Portal gegangen und habe den Rückzahlungsbetrag wieder auf 100% geändert. Mit dem Absenden der Änderung habe ich dann aber unabsichtlich eine Kreditausfallversicherung abgeschlossen, die über ein Opt-Out in das Online Formular eingebettet war. Beides, die Option Rückzahlungen abzustottern und die Art und Weise, wie einem Versicherungsprodukte angedreht werden, die man nicht braucht und von der eigentlich auch nur die Bank profitiert, sind inzwischen typisch für vermeintlich gute Angebote. Bessere Konditionen als der Wettbewerb aber nur auf Zeit. Preisvorteile finanziert über Nepp und unerwünschtes Upselling. Günstige Angebote aber mieser Service. Am Ende ist alles Ying und Yang. Es gibt kein Licht ohne Schatten. Daher kann ich nur dringend empfehlen wachsam für Dinge zu bleiben, die einem untergeschoben, um ein günstiges Angebot gegenzufinanzieren. Besonders bei Amazon.

    • Reply
      Financial Independence Rocks!
      July 8, 2019 at 10:49 am

      Hallo Heiko,
      danke für das Update. Super, dass du das mit uns geteilt hast. Ein echter Fall für Nepper, Schlepper, Bauernfänger…Bankpartner der Amazon Prime VISA-Karte ist übrigens die Landesbank Berlin, das ist die Mutter der Berliner Sparkasse. Hier ist noch mal ein guter Artikel aus dem Berliner Tagesspiegel zu den nicht sofort offensichtlichen Kosten von Kreditkarten. Der Artikel bezieht sich auf einen breiten Finanztest-Kreditkartencheck.

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