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Unser Experiment mit dem Bio-Acker

Nach einer ganzen Serie zu den Risiken von Kapitalanlage-Immobilien fand ich, dass wir mal ein bisschen entspannen sollten. Deshalb gibt es heute leichtere Kost. Es geht um’s Gärtnern. Konkret um unsere Erfahrungen mit einem Stück Bio-Acker, das wir im letzten Jahr für eine Saison von den Ackerhelden gepachtet haben.

Der römische Politiker, Anwalt, Philosoph und Schriftsteller Cicero wird oft mit dem Ausspruch: “Wenn du einen Garten und eine Bibliothek hast, wird es dir an nichts fehlen” zitiert. Nachdem ich angefangen hatte, mir selber Gedanken darüber zu machen, was eigentlich für ein gutes Leben wichtig ist, ist mir dieses Zitat häufiger begegnet.

 

Ein Garten, der glücklich macht

Da ich gerne und viel lese und Bücher sehr schätze, ebenso wie einen Garten (zumindest zum entspannten drin sitzen), gefiel mir Ciceros Sichtweise sehr gut. Vielleicht hätte ich noch mal ins lateinische Original schauen sollen. Das habe ich erst jetzt gemacht, als ich für diesen Post das genaue Zitat recherchieren wollte.

Im Original heißt es: “Si hortum in bibliotheca habes, deerit nihil.” Jetzt sind meine Lateinstunden schon SEHR lange her und ich habe auch nur das kleine Latinum. Aber wenn ich nicht ganz falsch liege, ist die wörtliche Übersetzung: “Wenn du einen Garten in einer Bibliothek hast, wird es dir an nichts fehlen.” Vielleicht hat er damit tatsächlich einen Innenhof-Garten an den Bibliotheksräumen einer römischen Villa gemeint. Wobei der aber natürlich trotzdem nicht wirklich in der Bibliothek wäre.

 

Inspiration Selbstversorger

Ich habe nach Lesen des lateinischen Originals den Verdacht, dass er den “Garten” auch im übertragenen Sinne gemeint haben könnte. Wenn ich das früher entdeckt hätte…. Aber so tauchte vor meinem geistigen Auge immer mal wieder die Vision eines Gartens auf, der eindeutig größer und nutzbarer war, als unser realer, kleiner Hausscheiben-Garten.

Gemüseanbau, teilweise sogar das Halten von Nutztieren, waren auch Thema in der Weniger-ist-mehr/Frugal-Living-Szene, die mich auch inspiriert hat. Und ich hatte – im nachhinein würde ich sagen, wohl eher verklärte – Erinnerungen daran, dass wir in meiner Kindheit in unserem Garten unter anderem eigene Erdbeeren angebaut haben. Die Idee gärte also in mir.

Und so fiel im letzten Frühling ein Flyer der Ackerhelden (kein-Affiliate-Link), der einer Lieferung des Biohofs unseres Vertrauens beilag, beim mir auf sehr fruchtbaren Boden (haha).

 

Das Rundum-Sorglos-Paket?

Die Ackerhelden bieten – nach meinem Infostand in der Regel in Zusammenarbeit mit Biohöfen – einzelne Parzellen einer größeren Ackerfläche zur individuellen Bewirtschaftung an. Zu einem Pauschalpreis gibt es ein Komplettpaket für eine Saison. Die Saison läuft ungefähr von Mai bis November, und wir haben im letzten Jahr 199 EUR für eine Parzelle von circa 40 qm gezahlt.

Im Paket der Ackerhelden ist eine generelle Vorbereitung des Ackerfläche und die Erstbepflanzung mit einer gewissen Menge an Jungpflanzen enthalten. Außerdem gibt es eine Einführungsveranstaltung vor Ort und “Gebrauchsanweisungen” und weitere Tipps im Online-Account. Neben den Ackerhelden gibt es noch weitere Anbieter. Es gibt auch Biohöfe, die ähnliche, eigene Modelle anbieten. Wenn es dich interessiert, einfach mal googlen.

Grundsätzlich gibt es gegen das Konzept überhaupt nichts zu sagen. Ich fand auch den Preis fair. Neben den oben genannten Dingen können vor Ort vorhandene Harken, Hacken, Gießkannen und Schubkarren genutzt werden. Auch das Wasser zum Gießen der Pflanzen ist im Preis inbegriffen. Und da kommen wir zu unserem ersten Problem.

 

Die Illusion von entspanntem Wochenendgärtnern

Zum Saisonstart an Himmelfahrt hatte es sintflutartig geregnet und wir haben uns entschieden, die Einführungsveranstaltung aufgrund des wirklich ungemütlichen Wetters zu schlabbern. Wenn wir gewusst hätten, dass das im Sommer 2018 so ziemlich der letzte Tag war, an dem der Acker auf natürlichem Wege bewässert wurde, wären wir vielleicht hingegangen, um es noch einmal so richtig zu geniessen…

Begeisterungsfähig wie ich bin, hatte ich die durchschnittlich ca. 1 – 2 Stunden Arbeit pro Woche, die von den Ackerhelden als Einschätzung ihrer bisherigen Kunden kommuniziert wurden, als bare Münze genommen. Inzwischen sind auf der Website 2 Stunden im Saison-Durchschnitt angegeben. Ehrlicherweise glaube ich kaum, dass dies selbst in Sommern mit mehr Regen realistisch ist. Aber ich stellte mir eine schöne, gemeinsame, und dabei zeitlich sehr überschaubaren gärtnerischen Aktivität mit meinem Mann an den Wochenenden vor. Gern mit einem gemütlichen Käffchen im Hof-Café auf der anderen Strassenseite nach getaner Arbeit.

 

Mega-Sommer in Norddeutschland

Zum gemütlichen Teil kam es genau nie. Stattdessen gab es in unserer Region einen der heißesten und niederschlagsärmsten Sommer seit Dekaden. Ich glaub es wurde knapp kein Jahrhundertsommer. Aber ich bin schon bei dem Gedanken daran zu ermattet, um das jetzt noch mal zu googlen. Jedenfalls musste der Acker nicht nur bis zum guten Anwurzeln der Jungpflanzen täglich bewässert werden, sondern täglich, praktisch den ganzen Sommer lang.

Aufgrund der extremen Temperaturen ging das aber nur entweder ganz früh morgens oder spät Abends. Verschärft wurde die Situation dadurch, dass es zu Anfang für die gesamte Fläche nur eine, mit einer Handpumpe zu bedienende, Wasserstelle gab. Die maximal ungünstig zu unserer Parzelle lag.

 

Pumpen wie in alten Zeiten

Hier konnte man dann schön sehen, wie trotz biologisch-dynamischer Haltung jeder für sich kämpft: die – in der Regel männlichen – Parts  der Ackerhelden-Teams stürzten sich bei Betreten der Fläche sofort auf die vorhandenen Schubkarren und weitere Familienmitglieder sicherten sich so viele Gießkannen wie noch einigermaßen in den Karren untergebracht werden konnten. Dann wurde an der Wasserpumpe befüllt – so lange wie es eben dauert, mit einer Handpumpe sechs bis acht Gießkannen zu befüllen – während der Rest der Schlange an der Wasserstelle versuchte den Anschein des entspannten Zuschauens aufrecht zu erhalten. Selten überzeugend.

Fairerweise muss man dazu sagen, dass diese Problematik wohl zu den Geburtswehen der in dem Jahr neuen Zusammenarbeit mit dem Biohof gehörte. Später wurde dann eine zweite Wasserstelle mit fließendem Wasser eingerichtet. Die lag dann tatsächlich auch etwas günstiger zu unserer Parzelle.

 

Augen auf bei der Gemüseauswahl

Zu diesem Zeitpunkt hatten wir die selbst gesetzten Tomatenpflanzen – die ein wesentliches Objekt unserer nutzgärtnerlichen Begeisterung waren – schon auf unseren Balkon umquartiert, damit sie nicht den sofortigen Dürretod zum Opfer fielen. Das war gut für die Tomaten. Aber insofern unglücklich, als wir keine Fans der meisten vorgepflanzten Gemüse waren.

Die genaue Bepflanzung  war nicht bekannt, als wir uns für den Acker entschieden haben. Ich hab gerade auf der Website geschaut, dass ist auch in diesem Jahr wieder so. Wir hätten aber aus den zusätzlich angebotenen Pflanz-Paketen schließen können, dass unsere persönlichen Gemüse-Favoriten bei der Vorbepflanzung eher nicht dabei sein würden.

Sicher hebt es die Motivation, jeden Tag ein bis zwei  Stunden auf dem Acker zu verbringen, wenn dort hauptsächlich Gemüsesorten wachsen, die man wirklich lecker findet. Das schien für viele andere zu funktionieren. Es gab absolut leidenschaftliche Gärtner, und sehr sorgfältig gepflegte Ackerflächen.

 

Wir sind definitiv keine Ackerhelden

Ich muss auch ehrlich zugeben, dass wir zwar natürlich auch das Unkraut gehackt haben. Aber eher großzügig. Von einem so akribischen Vorgehen wie der Ackerhelden rechts und links von unserer Parzelle waren wir weit entfernt. Wir haben auch keine Netze, Plastiktunnel und Windräder aufgebaut.

Aber wir haben versucht, zumindest die tägliche Bewässerung den Sommer lang durchzuhalten. Zumal wir auch selber unter anderem noch Gurken, Karotten, farbige Bete, Erbsen und Bohnen gesät hatten, die wir wirklich gerne mögen. Ja, wir waren bei null gärtnerischer Erfahrung erstaunlich optimistisch…

Aufgrund der nur sehr früh oder spät sinnvollen Gießzeiten hat mein Mann die Bewässerung fast komplett übernommen. Entweder auf dem Weg von oder zur Arbeit. Und da er am Wochenende sowieso immer sehr früh wach ist und aufsteht, Samstags und Sonntags schon vor 8 Uhr. Also an dieser Stelle: Shoutout für ihn!

 

Und das Ergebnis?

Das Ergebnis dieser Mühe war leider sehr überschaubar: Kopfsalat hat funktioniert. Gurken, Karotten, Bete und Bohnen sind gar nicht erst gesprossen oder trotz Gießens verdorrt. Es gab ungefähr fünf Erbsenschoten, die wir ernten konnten. Die vorgepflanzten Stroh- und Kornblumen wurden von Ungeziefer mit einer so widerlich klebrigen Schicht überzogen, dass man sie weder selber auf den Tisch stellen wollte, noch sie guten Gewissens hätte verschenken mögen.

Beim Mangold haben wir den richtigen Erntezeitpunkt verpasst. Es gab auch irgendeine Sorte Kohl, bei der ich nicht mehr weiß, was schief gegangen ist. Aber es ist schief gegangen. Die vorgepflanzten Zwiebeln und rote Bete konnten wir ernten und essen.

Und wir haben gelernt, dass Zucchini das optimale Einsteiger-Gemüse für Dummies ist:  Wir hatten gigantische Mengen an Zucchini. Wir haben wochenlang jeden Tag Zucchini gegessen. Und diverse Exemplare, gerne die besonders großen, verschenkt. “Aus unserem eigenen Anbau. Super, oder”. Wobei, mit anderen Geschenken habe ich schon deutlich größere Begeisterung ausgelöst.

 

Eine Erfahrung mehr

Was ist unser Fazit? Wir machen das natürlich dieses Jahr nicht wieder. Und ich bin sehr dankbar dafür, dass wir unser Gemüse nicht selbst anbauen müssen. Ich habe Landwirtschaft schon als Kind auch in der Praxis erlebt. Aber erst jetzt ist mir wieder bewusst geworden, wie viel Arbeit tatsächlich mit den Produkten verbunden ist. Im Bio-Anbau noch einmal mehr.

Aber wenn du Lust hast, den entsprechenden Aufwand zu betreiben, kann das Pachten so einer Parzelle im Pauschalpaket eine wirklich gute Idee sein. Ein großes Einsparpotential an Kosten gegenüber dem Kauf von Bio-Gemüse ergibt sich glaube ich nicht.  Vielleicht wenn du schon sehr viel Erfahrung hast. Aber letztlich erntest du zeitgleich mit Profi-Landwirten. So ist das Angebot in der Regel hoch und die Preise entsprechend niedrig.

Ein Punkt, der nicht direkt mit dem Konzept  zusammenhängt. Obwohl der Acker nur ungefähr fünf Kilometer von uns entfernt ist, fand ich die Strecke zu lang. Wenn man wirklich nur am Wochenende vor Ort sein müsste, wäre es etwas anderes. Aber ich halte das selbst bei nicht so extremen Wetterbedingungen wie im letzten Sommer für unrealistisch.

Auch wenn wir keine großen Ackerhelden waren: wir haben mitgenommen, was wir  in kleinem Rahmen sinnvoll selber anbauen können und wollen: hauptsächlich Kräuter, Tomaten, vielleicht Knoblauch und Lauchzwiebeln. Dafür reicht unser Balkon. Wir haben für den (erfolgreichen!) Umzug der Tomaten im letzten Jahr drei dieser Hochbeete gekauft (kein Affiliate-Link). Die werden wir in dieser Saison entsprechend bestücken. Da freu ich mich schon drauf.

Katrin / Financial Independence Rocks.

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2 Comments

  • Reply
    MinnieMaus
    March 22, 2019 at 11:57 am

    Ein sehr schönes Foto! Absichtlich ein Kontrast zur Sommerhitze 2018 – oder Zufall? 🙂 Was den Acker angeht: Manchmal ist es ja auch ganz hilfreich, Erfahrungen zu machen, um zu sehen, was man doch nicht will …

    • Reply
      Financial Independence Rocks!
      March 22, 2019 at 2:16 pm

      Hallo MinnieMaus,
      danke! Das mit dem Foto war tatsächlich Zufall. Und ja, du hast absolut recht – hier war es zum Glück ja auch eine überschaubare Verpflichtung.

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