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Ja, ist denn schon Weihnachten?

Dieser Post ist ursprünglich im letzten Jahr erschienen. In 2019 sind im Großraum Hamburg schon vor dem ersten Advent drei Obdachlose aufgrund der Kälte gestorben. Und nach Weihnachten fühle ich mich auch dieses Jahr noch nicht, deshalb gibt es heute einen Re-Edition.

Sonntag war der erste Advent. Fühlst du dich schon nach Weihnachten? Ich überhaupt noch nicht.

Mir kommt es so vor – wieder einmal – als wäre das Jahr unheimlich schnell vorbei gegangen. Und irgendwie fühlt es sich jedes Jahr schneller an. Was ja wohl auch daran liegt, dass man, je älter man wird, tendenziell weniger neue Erfahrungen macht, und so die Zeit in der eigenen Wahrnehmung zusammenschmilzt. Auch deshalb ist es glaube ich sehr wichtig, sich immer wieder neue Herausforderungen zu suchen.

Aber zurück zu Weihnachten. Ich mag die Adventszeit eigentlich sehr. Und so lange ich in einem festen Angestelltenverhältnis war, habe ich mich durch den bei uns eher grauen und ungemütlichen November immer mit Vorfreude auf die Feiertage hindurch motiviert. So ein „Highlight“ zum Ende des Jahres brauche ich jetzt nicht mehr. Vielleicht hat meine mangelnde „Vor-Weihnachtlichkeit“ auch damit zu tun.

 

Weihnachten = Konsum?

Wir wohnen in Hamburg und die Innenstadt ist in der Adventszeit immer schön geschmückt. Es gibt natürlich auch die obligatorischen Weihnachtsmärkte. Alles sehr nett anzuschauen. Aber eben auch jede Menge Konsum. Inzwischen sind es mindestens drei Weihnachtsmärkte rund um den Rathausmarkt und die Binnenalster, also alle nur ein paar Schritte voneinander entfernt.

Mir fallen immer besonders die vielen „Fresstände“ auf, die eigentlich bei jeder Gelegenheit vertreten sind. Klar, es gibt zur Jahreszeit passenden Glühwein. Aber ansonsten finde ich das Angebot sehr austauschbar.

Bei einem zugegebenermaßen sehr kleinen „Weihnachtsmarkt“ auf einem alten Hofgelände in unserem Stadtteil hatte ich eigentlich Kunsthandwerkliches erwartet. Es gab bis auf einen Stand mit Mützen aber nur Essbares. Unter anderem einen Burger-Bus. Wieso ist das dann ein Weihnachtsmarkt?

Ist aber natürlich Geschmackssache. Viele finden es ja auch toll, und jede Menge Auswärtige kommen extra nach Hamburg, um auf die Weihnachtsmärkte zu gehen.

 

Reich und arm

Was mich letzte Woche in der Innenstadt wirklich berührt hat: Der Gegensatz zwischen den adventlich herausgeputzten Straßen und Geschäften, und dem Elend, das Obdachlose und Bettler verkörpern. Das ist schon krass, wenn man bewusst hinschaut. Mein Eindruck war aber, dass viele im Weihnachts-Shopping-Trubel doch lieber im wahrsten Sinne des Wortes über die Armut hinwegsehen.

Vielleicht resignieren sie im Angesicht des Problems, oder man hat sich einfach schon zu sehr an dies Bild im öffentlichen Raum gewöhnt. Es will auch nicht jeder Obdachlose wieder in das „System“. Aber es beschämt mich doch, dass in einer so reichen Stadt wie meiner Menschen auf der Straße leben und sterben müssen. Eine Organisation, die ich in diesem Zusammenhang sehr gerne unterstütze ist Hinz&Kunst, unser Hamburger Straßenmagazin.

Aber ich gebe auch unabhängig davon, und habe mir abgewöhnt, darüber zu mutmaßen oder zu urteilen, ob die betroffene Person vielleicht auch andere Möglichkeiten hätte. Letzte Woche bin ich in der U-Bahn mit einer obdachlosen Frau ins Gespräch gekommen, bei der ich vermute, dass sie schon im Rentenalter war. Sie betonte mehrfach, dass ja niemand freiwillig bettelnd durch die U-Bahn gehen würde, und sie zumindest versuche, sauber und ordentlich gekleidet zu sein, und nicht weiter abzurutschen. Vielleicht kann ich oder kannst du in so einem Fall einen kleinen Beitrag dazu leisten, dass sich jemand zumindest den letzten Rest seiner Würde erhält.

 

I’m dreaming of a white Christmas…

Vor einer Woche war es bei uns schon richtig kalt, aber auch sonnig. Das hätte eigentlich als Vorweihnachsteinstimmung ganz gut gepasst, Schnee haben wir hier Anfang Dezember selten. Aber jetzt haben wir eher wieder ein typisch norddeutsches „Schmuddelwetter“ mit Regen, was natürlich nicht gerade anheimelnd ist.

Manchmal klappt es ja auch bei uns mit weißen Weihnachten. Und früher waren wir öfter zu Weihnachten zum Skilaufen in Frankreich oder Südtirol. Gerade in Südtirol fand ich die weihnachtliche Stimmung immer besonders toll, obwohl ich sonst eigentlich eher der „Meer“- als der „Gebirgstyp“ bin.

 

Keine Lust, Kerzen für den Adventskranz zu holen

Normalerweise stellen wir zum ersten Advent einen super-schönen Adventskranz auf unseren Esstisch. Der besteht aus Zweigen und Tannenzapfen und ist nur sehr schlicht mit einigen Glaskristallen dekoriert. Aber das passt sehr gut zu unserer eher minimalistischen Einrichtung. Wir müssen nur jedes Jahr die Kerzen erneuern. Und Samstag hatten wir diesmal irgendwie keine Lust, neue Kerzen zu holen. Hätte man natürlich intelligenterweise auch schon früher machen können, Kerzen sind in der Adventszeit ja auch gerne mal in genau der Farbe und der Größe ausverkauft, die man haben möchte.

Und eigentlich ist der erste Advent auch der Zeitpunkt, an dem ich sonst immer unsere Weihnachtskrippe aufbaue. Wir haben keine typisch deutsche Weihnachtskrippe, sondern ich habe von meiner Mutter die Tradition der provencalischen Krippen übernommen.

 

Unsere provencalische Krippe

Bei diesen Krippen ist die Weihnachtsgeschichte sozusagen in ein Dorf in der Provence transponiert worden. Es gibt nicht nur die Figuren, die bei uns so üblich sind, also Maria und Joseph, Jesus und so weiter. Die „Santons“ – das sind die Figuren, mit denen die Krippe bestückt wird – repräsentieren jede Menge lokale Charaktere. Zum Beispiel den Bürgermeister, den Bäcker, den Müller, aber auch junge und alte Frauen, die auf dem Markt einkaufen, einen blinder Mann, der von seinem Sohn geführt wird, Jäger und Zigeunerinnen. Die entsprechenden Häuser für die Dorf-Szene und auch den Stall mit der Krippe kann man auch kaufen. Aber sie werden häufig auch selbst gebaut. Meine Mutter hat die Häuser ihrer Krippe von Freunden aus der Provence geschenkt bekommen. Für mich hat mein Vater diese gebastelt.

Die Santons gibt es von unterschiedlichen, sehr traditionsreichen lokalen Kunsthandwerker-Betrieben. Und sie werden in verschiedenen Größen hergestellt, das sind teilweise richtig große Figuren. Falls du dir mal anschauen willst, wie die Figuren aussehen: Ich habe die Santons von Marcel Carbonel, in der Größe 2. Mein Sohn fand die Krippen als Kind so toll, dass er sich von meinen Eltern auch ein paar Santons hat schenken lassen. Bin mal gespannt, ob er die wieder für sich entdeckt, wenn er mal eine eigene Familie hat.

 

Emotion follows form?

Tja, was mach ich nun aus meiner nicht-vorhandenen Vorweihnachtsstimmung?

Vielleicht bau ich den Adventskranz und die Krippe doch einfach mal auf. Und vielleicht kommt dann ja die richtige Stimmung von selber….

So, wie wenn man eigentlich keine Lust hat, auf eine Party zu gehen, das sind ja dann oft die besten.

Katrin / Financial Independence Rocks.

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