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Investiert für Cash-flow – und jetzt?

Wenn du hier schon länger liest oder über mein Podcast-Interview beim Finanzrocker auf den Blog gekommen bist, weißt du, dass ich mir mit job-unabhängigen Einkommensströmen eine Art Grundeinkommen aufgebaut habe. Das hat mir vor ein paar Jahren ermöglicht, meine Festanstellung aufzugeben und mir ein Jahr Zeit zu nehmen, um zu schauen, was ich mit meinem Leben noch so anfangen möchte. Das Ergebnis: ich bin nicht in die Welt der Werbung zurückgekehrt, sondern habe mich entschieden, neue Projekte zu verfolgen. Eins davon ist dieser Blog, und seit letzten Oktober bin ich wieder Studentin

Mein “Grundeinkommen” setzt sich aus Erträgen zusammen, von denen einige aktuell und in den kommenden Monaten sinken werden, vielleicht auch noch länger. Deshalb beobachte ich Moment die Entwicklung der Lage sehr genau, und stimme meine finanziellen Entscheidungen darauf ab. Meine Gedanken hierzu möchte ich in diesem Post mit dir teilen. 

Wie immer: Ich bin kein Finanzprofi und mache keine Anlageberatung, sondern schreibe über meine persönlichen Erfahrungen.

 

Meine Investment Hypothese

Was war meine Hypothese zur kurz- und mittelfristigen wirtschaftlichen Entwicklung, nach der ich bis Januar unsere Finanzstrategie ausgerichtet habe? Ich bin für Deutschland von einer Rezession ausgegangen. Allerdings einer geordneten. Sprich in der Reihenfolge, in der so etwas normalerweise abläuft, und in der einzelne Branchen nacheinander betroffen sind. Nach meiner Einschätzung für uns auf der Immobilienseite unproblematisch. 

Da ich auch in Aktien cash-flow-orientiert investieren, aber keine Einzeltitel Selektion machen wollte, bin ich mit regional diversifizierten Dividenden-ETFs gestartet. (Ich brauchte die Option, kurzfristig von einer Reinvestition der Dividenden zu Dividenden-Verzehr zu wechseln, ohne zu einem kursmäßig ungünstigen Zeitpunkt umschichten zu müssen. Für einen längeren Zeithorizont würde ich als passiver ETF-Anleger keinen Dividenden-Bias ins Portfolio bringen – das ist dann nämlich schon nicht mehr passiv im Sinne der Idee. Stattdessen würde ich einen ausschüttenden, regional differenzierten Welt-Ansatz fahren. Und wenn’s mich mal wieder nervt, dass ich zu viel Zeit mit dem Thema Finanzen verbringe, denke ich, Mensch, der Finanzwesir hat doch recht, niemand braucht mehr als zwei ETFs…).

 

Bauchschmerz-Banken, teure US-Titel

In den Dividenden-ETFs ist naturgemäß der Anteil des Finanzsektors relativ hoch, womit ich gerade hinsichtlich der europäischen Banken einige Bauchschmerzen hatte (nicht ganz falsch, wie man jetzt sieht 😉 ). Und in den USA konnte ich die Höhe der Bewertungen vieler Unternehmen, die in entsprechenden ETFs enthalten sind, nicht mehr nachvollziehen.

Deshalb habe ich mich dann doch entschieden, für die USA eine diversifizierte Einzeltitel Selektion – ohne Banken – zu machen, und damit ein gewisses Gegengewicht zu den Finanztiteln in den anderen Regionen aufzubauen. Da ich mir Return-Benchmarks gesetzt und nur in Dips zugekauft habe, hat die Strategie in Bezug auf meinen Cash-Flow-ROI sehr gut funktioniert. (Bei gleichzeitig guter Kursentwicklung. Aber genauso wie bei meiner Immobilienstrategie sind Wertzuwächse der Substanz nur ein Sahnehäubchen, nicht das primäre Ziel). 

Für die USA war meine Vermutung, dass Trump 2020 alle Möglichkeiten ausschöpfen würde, Wirtschaft und Aktienmärkte bis zu seiner Wiederwahl so weit wie irgend möglich zu stimulieren. Einigungen in den Handelskriegen, Investitionen in Infrastruktur, weitere Steuersenkungen hätten genug Potential geboten, rezessiven Tendenzen entgegenzuwirken. Das hätte eine importierte Rezession nicht ausgeschlossen. Aber auch da (und im Asia-Pacific-Raum) wäre ich von einer seriellen und nicht parallelen Betroffenheit der Sektoren ausgegangen.

 

Was nun?

Aber in der Realität verlaufen die Dinge mittel- bis langfristig nicht linear, und können auch nur dementsprechend schlecht vorhergesagt werden. Einige kurz- bis mittelfristige Implikationen der COVID19-Krise sind aber schon jetzt klar – einfach weil die eingeleiteten wirtschaftspolitischen Gegenmaßnahmen nicht so schnell greifen können, wie aktuell Umsätze und Einkommen weg brechen.

Dabei sind wir in Deutschland zum Beispiel mit der Möglichkeit des Kurzarbeitergeldes institutionell noch ziemlich gut aufgestellt. Das wird in anderen Ländern deutlich holpriger werden. Trotzdem denke ich, dass auch bei uns die wirtschaftlichen Domino-Effekte noch unterschätzt sind. 

Ich gehe also für meine aktuelle Finanzplanung eher vom Worse als vom Best Case aus (kein Schreibfehler, beim Worst Case bin ich mental noch nicht gelandet).

Was bedeutet das konkret?

 

Cash-Flow aus Immobilien

Eine unserer Wohnungen ist an ein Hotel verpachtet. Aktuell dürfen dort keine Gäste anreisen. Hier rechne ich für die nächsten Monate nicht mit einer Pachtzahlung. Ob der Betreiber diese Krise überhaupt überlebt, falls auch die Buchungen der Hochsaison ausfallen, wird wahrscheinlich von der Schnelligkeit abhängen, mit der die Staatshilfen fließen (wobei auch die Fristen der Insolvenzordnung verlängert wurden). Das Aufkommen an Anträgen ist offenbar riesig. Je nachdem, wie sehr Banken durch die Krise selber in ihren normalen Abläufen eingeschränkt sind, wird’s nochmal eher langsamer als schneller gehen.

Auf dieser Wohnung läuft noch eine Finanzierung. Allerdings ist die Restschuld relativ niedrig und die aktuelle Tilgungsrate sehr hoch. Theoretisch könnten wir bei der finanzierenden Bank entsprechend der neuen gesetzlichen Regelung eine Aussetzung der Raten beantragen. Das würden wir im Moment nicht machen. Ich habe aus mehreren Quellen übereinstimmend den Eindruck gewonnen, dass aber offenbar schon jetzt viele Investoren zu diesem Schritt gezwungen sind. 

 

Zu hohes Risiko eingegangen?

Besonders betroffen dürften diejenigen sein, die sich im Immobilien-Hype der letzten Jahre dazu haben hinreissen lassen, mit hohem Risiko zu investieren. Ich würde mir den Antrag auf Stundung von Darlehensraten sehr genau überlegen: bei Investoren sollte ein solides Geschäftsmodell auch eine Rücklage für Mietausfall vorsehen. Und wer Wohnimmobilien vermietet, dürfte deutlich weniger betroffen sein als Vermieter von Gewerbeimmobilien. Und wenn die Vermietung an ALG II-Empfänger Teil des Geschäftsmodells ist, gibt es überhaupt keinen Grund anzunehmen, dass die Mietzahlung aufgrund der Corona-Krise ausbleibt. 

Aus Banken Sicht würde ich ein großes Fragezeichen an einen Immobilien-Investor machen, der prophylaktisch Stundungen in großem Stil anfragt. Das kann eigentlich nur an mangelnden Rücklagen im Verhältnis zur Leverage liegen. (Da Mietzahlungen nur gestundet, und trotzdem weiter geschuldet werden, gibt’s keinen Vorteil, was die Eigenkapitalrendite angeht). Für zukünftige Finanzierungen könnte das zum Bumerang werden – und ein taktischer Vorteil für Investoren, deren Bonität durch die Krise keinen “Makel” bekommen hat. Nur weil Banken das Rating eines Kreditnehmers offiziell nicht verschlechtern dürfen, heißt das ja nicht, dass sich später niemand an den Vorgang erinnert. Aber bitte nicht falsch verstehen: Bei wirklichen Liquiditätsschwierigkeiten ist es natürlich ganz wichtig, möglichst schnell mit der Bank oder auch anderen Gläubigern Kontakt aufzunehmen.

Was mich überrascht hat: Auch bei Investoren mit Profi-Hintergrund und positivem Track-Record scheint schon jetzt bei Banken Nervosität aufzukommen (15:35)wenn in schlechteren Lagen investiert wurde.

 

Neuvermietung bei Corona?

Wir vermieten zwei unserer Wohnungen möbliert, die eine auf Zeit, die andere unbefristet. Wie es die Krise so will, läuft der Vertrag auf Zeit bis zum 30.06. Der Mieter hat schon mehrmals verlängert. Das könnte also tatsächlich ein Break sein, und noch mal weiter laufen. Die zweite Wohnung wird definitiv frei. Beide Wohnungen sind aufgrund sehr attraktiver Lagen normalerweise ausgesprochen gut zu vermieten. Wie es mit Besichtigungen und Umzügen in den nächsten Monaten aussieht, werden wir sehen.

Die eine Wohnung ist schuldenfrei. Für die andere habe ich Ende vergangenen Jahres eine Anschlussfinanzierung abgeschlossen, die den Cash-Flow erheblich erhöht – natürlich nur so lange eine Mietzahlung eingeht. Bei diesem Darlehensvertrag gibt es grundsätzlich die Möglichkeit, die Tilgung bis auf 1% abzusenken. Auch das würde ich allerdings nur im Notfall tun.

 

Aus Problemen lernen

Und unsere vierte Wohnung hat unsere Nerven seit dem letzten Jahr mit dem Fundament-Sanierungs-Super-GAU – ein Bilderbuch Beispiel für Murphy’s Law – schon ausreichend strapaziert. Unsere langjährige und sehr angenehme Mieterin ist Freiberuflerin, geht aber davon aus, dass sie kurzfristig keine Probleme bei den Mietzahlungen hat – und ausziehen will sie auch nicht  ;-). Das ist doch schon mal was.

Und so nervtötend das Sanierungsprojekt war, es hat mich nochmal total fokussiert, was den Aufbau von Rücklagen angeht. Je nachdem wie sich die Lage entwickelt, werde ich entscheiden, wie groß der Puffer mittelfristig bleiben soll. Aber im Moment ist es ein extrem gutes Gefühl zu wissen, dass wir genug Rücklagen haben, um mögliche Mietausfälle zu kompensieren.

 

Vermieten = unternehmerisches Risiko

Die aktuelle Situation zeigt sehr gut, dass Mieteinnahmen eben kein passives Einkommen sind. Vermietung ist eine unternehmerische Tätigkeit, mit unternehmerischem Risiko – dafür gibt es im Gegenzug die Möglichkeit Fremdkapital einzusetzen und steuerliche Gestaltungsmöglichkeiten. Das wird häufig falsch eingeordnet, weil ein privater Vermieter kein gewerbliches Unternehmen betreibt. 

Auch bei indirekten Immobilien-Investments wie Crowdinvesting werden nach meinem Eindruck die Risiken zu oft ausgeblendet. Nicht zuletzt, weil viele Blogger in der Finanz-Community die Plattformen empfehlen. Für Abschlüsse gibt es attraktive Provisionen. Das sollte man bei eigenen Investitionen auch immer beachten.

Ich sehe Crowdinvesting generell kritisch, weil für mich das Risiko-Rendite-Profil unabhängig von der aktuellen Situation nicht stimmt. Ich nehme an, dass es für einige Projekte sehr eng werden wird. Schwer vorstellbar, dass die Ausfallquoten in diesem Sektor nicht steigen. Das gilt auch für P2P-Kredite, die als Konsumentenkredite komplett unbesichert sind.

 

Und was ist mit Dividenden?

Und wie sieht es mit meinem Cash-Flow aus Aktien-Investments aus?

Bis dato habe ich im Vergleich zum Vorjahr in 2020 höhere Ausschüttungen erhalten. Da mein Mann weiterhin fest angestellt arbeitet und wir als Haushalt keine hohen Fixkosten haben, waren wir in den letzten Jahren in der luxuriösen Position, die Ausschüttungen komplett re-investieren zu können. So sind die Ausschüttungen schon alleine durch mehr investiertes Kapital gestiegen.

Ab diesem Monat wird auch mein Mann Kurzarbeit machen – hoffnungsfroherweise nur für einen überschaubaren Zeitraum – aber sicher ist im Moment natürlich nichts. Für so eine Situation habe ich uns ein von den Rücklagen für Immobilien getrenntes Notfall-Polster aufgebaut. 

Insgesamt rechne ich mit niedrigeren Ausschüttungen. Bei meinen Bauchschmerz-Banken wird das definitiv der Fall sein. Die europäischen Banken scheinen der “Empfehlung” der EZB zu folgen. Und auch zur HSBC habe ich bei meinem Blogger-Kollegen Christian von einer Dividendenstreichung gelesen, möglicherweise hat die Bank of England einen entsprechenden Hinweis gegeben. 

 

Hast du eine klare Strategie?

Mir fällt bei einigen Kommentaren auf Blogs Unmut darüber auf, dass in der aktuellen Lage Dividenden gestrichen werden. Teilweise auch mit besondere Kritik an der Dividendenpolitik deutscher Unternehmen. Oder eben auch an Banken wie der ING – oder auch gleich an der EZB. 

Ich finde dazu zwei Punkte wichtig: Niemand ist gezwungen, deutsche Aktien zu kaufen. Für die meisten Cash-Flow-orientierten Investoren ist schon die jährliche Ausschüttungsfrequenz nicht optimal. Es gibt in Deutschland keine Aktionärs-Kultur (mehr), leider. Aber es ist leicht herauszubekommen, in welchen Ländern das anders ist – und seine Strategie danach auszurichten. 

In der konkreten Lage ist es aus meiner Sicht allerdings komplett richtig, dass die Eigentümer von Unternehmen vor Geschäftspartnern oder der Allgemeinheit in die Haftung genommen werden. Was die europäischen Banken angeht, ist dies nach der letzten Finanzkrise auch absolut klar kommuniziert worden. Es könnte im Ergebnis für Aktionäre sogar vorteilhafter sein, wenn Banken Gewinne als Liquidität halten müssen: vielleicht reichen dann bei Domino-Kreditausfällen moderatere Stützungs-Maßnahmen, und es gibt weniger komplette Verstaatlichungen. 

 

Unternehmerische Verantwortung

Was adidas stattdessen versucht hat – und H&M, Deichmann, kik anscheinend immer noch tun – nämlich das Problem auf Kosten von Geschäftspartnern zu lösen, und einfach mal mitzuteilen, dass keine Miete mehr gezahlt wird – ist eine Frechheit. Und das sage ich, obwohl ich über meine alte Fondspolice selbst Aktionärin bei adidas bin. Mal abgesehen davon, dass es für mich kein gutes Zeichen ist, dass dem Vorstand die öffentliche Reaktion offenbar nicht vorab klar war. Der breite Shitstorm war bei der Markenpositionierung von adidas absolut nicht überraschend. 

Klar, Hersteller und Handel sind ohne eigenes Verschulden schwer von der Krise betroffen. Aber das geht den Vertragspartnern genauso. Was bei dem Wirbel um adidas vielleicht untergegangen ist, ist eine andere Spielvariante, die ich auch mehr als grenzwertig finde: Edeka-Nord und andere Einzelhändler, deren Geschäfte noch offen sind und die im Moment von der Corona-Krise profitieren haben angekündigt, Mieten nur noch unter der Vorbehalt der Rückforderung zu zahlen (wichtig: in anderen Regionen scheint es diese Praxis bei Edeka (noch) nicht zu geben). Sie berufen sich dabei auf mögliche behördliche Einschränkungen in der Nutzung der Mieträume – nur diese liegen nicht im Verantwortungsbereich des Vermieters. Dementsprechend gibt es auch keine Haftung aus der Mietsache, und die Miete wird weiter geschuldet. 

 

Mit dem Portemonnaie abstimmen

Was ist das also bitte für ein Signal? Wenn es Schwierigkeiten gibt, können Mieter und Vermieter miteinander sprechen, und dann kann man eine für beide Seiten angemessene Lösung finden. Aber solche Ansagen? Während man von einer Krise profitiert? Obwohl ich aus meinem ehemaligen Job weiß, dass die Einkäufer der Supermarktketten als extrem harte Verhandler gefürchtet sind, habe ich mich offenbar in den letzten Jahren vom gut gemachten Edeka-Markenauftritt einlullen lassen. Danke für’s wachrütteln, Edeka, ich hab in den nächsten Wochen leider keinen Share-of-Wallet für dich dabei (wir waren hier in Hamburg mal stolz auf unsere ehrbaren Kaufleute…so sad…).

Und um von den Spezialfällen zurück zu den Ausschüttungen zu kommen: ja, die aktuellen Dividenden beziehen sich auf das Geschäftsjahr 2019 und nicht auf 2020. Nur, wünsche ich mir als Anteilseigner eines Unternehmens ernsthaft ein Management, das mit einem massiven Umsatz- und daraus voraussichtlich folgenden Gewinneinbruch für das aktuelle Jahr konfrontiert ist  – und dann die Augen zumacht und die letzte Kohle raushaut, die auf dem Papier noch da ist (da ist ja auch gern noch mal ein Tacken Bilanzkosmetik drin)? Also für mich wär das keine nachhaltige Strategie. (Es gibt auch eine juristische Auslegung, dass sich Vorstände haftbar machen könnten, wenn sie unter bestimmten Voraussetzungen Mietzahlungen nicht verweigern. Dem könnte man entgegen halten, dass sich genauso eine Vorstandshaftung ergeben kann, wenn im Nachhinein gerichtlich festgestellt wird, dass der Rückbehalt nicht zulässig war. Dann werden erhebliche Verzugszinsen fällig, auch zum Schaden des Unternehmens. Ein gutes Interview zu dem Gesamtkomplex findest Du hier, wobei der befragte Jurist sicher nicht neutral, und nach meinem Eindruck aus dem Gespräch aktuell wohl eher auf der Konzern-Mieterseite tätig ist.)

 

Nicht optimal, aber immerhin vorbereitet

Du kannst dir ja vorstellen, dass ich die aktuelle Situation rein unter finanziellen Gesichtspunkten auch nicht prickelnd finde. Aber ich bin extrem glücklich damit, dass ich trotz häufigen heftigen Fingerjuckens der Versuchung widerstanden habe, unseren Aktienanteil zu lasten unserer Immobilien-Rücklagen aufzustocken. 

Und das werde ich erstmal auch nicht ändern. Wenn kurzfristige Risiken aus der Vermietung abgebaut sind, wird immer noch genug Zeit bleiben, zu angemessenen Preisen verstärkt in Aktien zu investieren. An Dividendenkürzungen und -streichungen kann man ja schon gut sehen, dass vermeintliche Schnäppchen der letzten Wochen doch nicht ohne Risiko waren

 

Das dicke Ende könnte noch kommen

Ich habe Anfang der 2000er schon das Platzen der Dotcom-Bubble ganz direkt mitbekommen, und in der Finanzkrise 2008 meinen Job verloren. Was jetzt passiert ist damit nicht vergleichbar. Ja, auf den Aktienmarkt-Charts wird auch diese Krise im Rückblick eine Delle sein wie viele andere. Aber: Von der Dotcom- und der Finanzkrise waren die meisten Leute, die ich kenne, überhaupt nicht betroffen. Jetzt machen viele Kurzarbeit. In Unternehmen, die gerade noch Rekordergebnisse, und 2020er Wachstum gemeldet haben. In Branchen, die in der Finanzkrise nicht von diesem Mittel Gebrauch gemacht haben. Oder die Jobs werden gleich ganz gestrichen. 

Auch die Krise ab Ende der 1920er Jahre ist auf einem historischen Aktienmarkt-Chart nur noch eine Delle. In der Situation hat das den Leuten, die keine Jobs und nichts zu Essen hatten, aber nicht genützt. Ich möchte die aktuelle Situation nicht zu düster zeichnen, und erhalte mir auch meine grundsätzlich optimistische Sichtweise. Aber genauso wenig wie ich beim Schreiben meines letzten Posts den Eindruck hatte, dass die Corona-Auswirkungen wirklich in der Wahrnehmung innerhalb der USA angekommen sind, kommt es mir heute vor, als wären die möglichen wirtschaftlichen Folgeschäden durch Domino-Effekte tatsächlich schon in der deutschen Wahrnehmung angekommen. 

 

Von 100 auf 0

Letzte Woche habe ich einem Freund geholfen, Grundsicherung zu beantragen. Ein paar Wochen davor haben wir uns noch darüber unterhalten, dass er plant zu arbeiten, bis er bei einem seiner Projekte tot umfällt – und deshalb das Thema Rücklagen nie richtig angegangen ist. Hat für ihn die letzten 20 Jahre und durch alle bisherigen Krisen super funktioniert. Als zusätzliche Sicherheit für’s Alter hatte er seine selbst genutzte Immobilie eingeplant. 

Er war mit gut bezahlten Engagements für’s nächste halbe Jahr ausgebucht, weitere Aufträge waren in der Pipeline. Anfang März fuhr er mit seiner Familie in den Skiurlaub. Als er zurück kam, hatte sich seine berufliche Existenz in Luft aufgelöst.

Denke ich, dass er sich wünschen würde, ein paar finanzielle Stellschrauben anders gedreht zu haben, als es noch ging? 

Absolut.

Deshalb meine Bitte an dich: schau dir dein Notfall-Polster noch mal richtig kritisch an. Wenn es dir bei näherem Hinsehen doch etwas mager vorkommt, und du die Möglichkeit hast, es so richtig fett zu füttern – mach es. JETZT.

Der Winter wird kommen.

 

Katrin / Financial Independence Rocks.

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4 Comments

  • Reply
    Bergfahrten
    April 5, 2020 at 7:18 am

    Hallo Katrin,

    Danke für deinen Beitrag zur aktuellen Situation und die Verknüpfung. Betreffend Immobilien kann ich die Lage schwer einschätzen – aber betreffend Aktien & Dividenden gebe ich dir natürlich recht. Solange die Unternehmen die Entscheidung treffen zu 100% ok, jedoch wird jetzt politischer Druck erzeugt das ein zusätzliches Risiko darstellt.

    Klar kann Politik bei den Finanzen immer die Spielregeln ändern – z.B. Steuern auf Dividenden und Gewinn erhöhen, aber mir kommt es nun wie die Entmündigung der Manager aus. Wir werden sehen wie sich das entwickelt.

    Aber dein Tipp für den Notfall-Polster ist immens wichtig! Bei mir wurde der Aufbau meines Depots wichtig als in meinem Umfeld sah wie viele Arbeitskollegen ihre Jobs verloren hatten und Probleme bekamen.

    Betreffend Corona – bleibe auch gesund und denke weiter positiv! Die Welt hat auch schon die PEST oder AIDS global überstanden, und ich bin glücklich in Mitteleuropa zu leben.

    Liebe Grüße
    Christian / Bergfahrten

    • Reply
      Financial Independence Rocks!
      April 5, 2020 at 11:33 am

      Hallo Christian,

      wie nett, dass Du vorbei schaust!

      Mit dem politischen Einfluss bin ich auch nicht happy (schon seit einiger Zeit auch ein Problem bei Immobilien), obwohl ich im Moment die Erhöhung der Liquidität die richtige Strategie finde.

      Wir werden auch noch Managements sehen, die die Gelegenheit nutzen, in 2020 noch mal so richtig auszukehren. Also, alle Leichen mit dem 2020er-Ergebnis raus aus den Bilanzen. Das finde ich als Investor langfristig eher gut, weil bereinigend.

      Aber ich habe in meinem Job oft genug mitbekommen, dass eben auch Restrukturierungskosten gerne zum Jahresende mit in ein sowieso schlechtes Jahr gepackt werden. Und diesmal kann man das wunderbar auf ein externes Ereignis schieben – auch wenn das echte Problem vielleicht ganz woanders, zum Beispiel in zu hoher Leverage liegt.

      Das kann sogar eine Chance für diejenigen sein, die Interesse an einem Aufhebungsvertrag mit einer guten Abfindung haben. Aber es wird eben auch Menschen geben, für die sich daraus große wirtschaftliche Schwierigkeiten ergeben. Deshalb war mir der Punkt mit dem Notfall-Polster so wichtig und ich danke Dir, dass Du das auch noch mal bestätigst.

      Du bist ja auch schon mit allen Börsen-Wassern gewaschen und weiter angenehm entspannt :-). Ich kann mich nur anschließen, ich bin – auch wieder einmal – sehr glücklich, hier zu leben.

      Und ich hoffe, dass das jetzt auch mal der eine oder andere Perma-Deutschland- und EU-Basher für sich so einordnet…Du siehst also, ich bin weiter optimistisch 🙂 !

      Bleib gesund und liebe Grüße

      Katrin

  • Reply
    Alex Schmitt
    April 10, 2020 at 1:20 pm

    Hallo Katrin,

    interessant und die negativen Aspekte fair bewertet. Ich möchte jedoch wenigstens auf den Worst Case hinweisen und damit die Konzerne in ein anderes Licht rücken: Was, wenn die alle durch Leverage und Reduzierung der Liquidität mit dem Rücken zur Wand stehen? Karstadt/Kaufhof und Esprit sind schon weg, H&M und C&A haben den Mitarbeitern nur noch April zugesichert. Die streichen die Mieten vielleicht nicht, weil sie es wollen, sondern weil sie müssen!

    Dann werden wir sehen, wer nackt badet! 😉

    Grüße, Alex

    • Reply
      Financial Independence Rocks!
      April 10, 2020 at 3:26 pm

      Hallo Alex,

      völlig berechtigter Punkt. Aber das zeigt eben, auf welch dünnem Eis sich auch große Unternehmen bewegen, was die Liquiditätsreserven angeht. Ich würd jetzt nicht so weit gehen wie Nassim Taleb, der in einem Interview mit Bloomberg neulich sagte, dass die Corana-Krise ein absolut weißer Schwan ist, und Unternehmen auf solche Szenarien hätten vorbereitet sein müssen.

      Aber wenn mangelnde Liquidität und fehlende Bonität für kurzfristige Kreditlinien auf zu aggressive Renditeziele für’s Eigenkapital und Over-Leverage zurückzuführen sind, dann kann einem das als Eigner eben auch mal auf die Füße fallen. So lange alles immer nur bergauf geht rückt das vielleicht ein bißchen aus der Optik.

      Ein schönes langes Wochenende noch.

      Viele Grüße

      Katrin

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