Personal Finance

Den Crash Propheten in die Karten geschaut

Im Moment ist es schwer, sich durch klassische Medien oder Online-Kanäle zu bewegen, ohne permanent über Crash-Gurus zu stolpern. Diese interessanterweise offenbar ausschließlich männliche Spezies verfolgt ein lukratives Geschäftsmodell, das uns bei unseren Emotionen packt: Unser Neandertaler-Stammhirn vermutet hinter jeder Ecke gefährliche Säbelzahntiger und ist entsprechend sensibel für potentielle Gefahren. Da wir gelernt haben, dass es in der Wirtschaft immer auf und ab geht, steigt das Risiko für einen Abschwung zumindest gefühlt, je länger die letzte Krise zurückliegt. Und schon im letzten Jahr gab es reale Indikatoren für eine mögliche Rezession.

So lange ich mir Untergangs-Szenarien als Nervenkitzel-Alternative zum Tatort am Sonntagabend reinziehe – alles tofte. Das scheinen aber die wenigsten Crash-Jünger zu tun, wenn man sich die entsprechenden Kommentare zum Beispiel bei Youtube anschaut. Dort drängt sich mir ein direkter Zusammenhang zwischen kritiklosem Glauben an Crash-Gurus , Politiker- und Institutionen-Bashing, und einer generellen “die-anderen-sind-schuld-dass-ich-mit-meinem-Leben-nicht-zufrieden- bin”- Haltung auf. Die Emotionen kochen hoch, und die Crash-Propheten surfen darauf.

 

Cui bono?

Dem möchte ich einen kleinen Blick hinter die Kulissen entgegensetzen. Dafür habe ich mir online zugängliches Material zu Marc Friedrich und Matthias Weik, Max Otte, und Markus Krall durchgeschaut. Bei den nicht offensichtlichen Quellen habe ich entsprechende Links gesetzt. Du kannst dir also deine eigene Meinung bilden. 

Warum gerade diese “Crash-Experten”? Alle vier haben einen fundierten Wirtschaftshintergrund, und ich kann ihren Analysen und ihrer Kritik am Finanzsystem in vielen Punkten zustimmen. Trotzdem halte ich die Schlussfolgerungen, die sie propagieren, nicht für zwangsläufig. Und wie immer gilt: cui bono – wem nützt es? Wenn mein Geschäftsmodell auf Angst basiert, bediene ich meine Zielgruppe entsprechend. Vielleicht auch wider besseren Wissens? Zumindest gibt es eine Menge Indizien dafür, dass auch bei den Crash-Propheten nicht so heiß gegessen wie gekocht wird.

 

Kommt der größte Crash aller Zeiten?

An Marc Friedrich und Matthias Weik, den “Serials” unter den Crash-Autoren, hat mich der von ihnen beratene Wertefonds besonders interessiert. Denn den bewerben Friedrich & Weik seit seiner Auflage unter anderem bei Auftritten im öffentlich-rechtlichen Fernsehen als die perfekte Umsetzung der von ihnen vertretenen Sachwerte-Strategie. Mit dieser Strategie sollen Anleger sicher durch den “größten Crash aller Zeiten” kommen. Okay, Sachwerte finde ich auch eine gute Idee

In ihren TV-Auftritten habe ich Friedrich & Weik regelmäßig von Investitionen in Ackerland, Edelmetalle, Diamanten, Whiskey, auch Aktien als den “sicheren” Anlagen sprechen gehört. Außerdem äußern sich die beiden extrem kritisch zu Euro und Euro-Raum. Auf der Website des Fonds weisen sie auf das ethisch geprägte Anlage-Prinzip hin: “ein Fonds mit Werten: Moral, Ethik und Nachhaltigkeit”. Die Latte ist also hoch gesteckt.

 

“Moral, Ethik und Nachhaltigkeit”?

Vor diesem Hintergrund hatte ich eine ziemlich klare Vorstellung davon, was der Fonds aktuell hält – und was eher nicht. Umso überraschter war ich, als ich mir die Detail-Allokation angeschaut habe (02/20): kein Ackerland, keine Diamanten, kein Whiskey. (Nur) 22% physische Edelmetalle, in Goldbarren. Unter dem Label “Real Assets” (14%) weitere ca. 11% Silber- und Platin-hinterlegte ETFs, eine Immobilien-Anleihe, eine niederländische Immobilien-Aktie (warum diese Position im Gegensatz zu einigen anderen Immobilien-Aktien nicht in der Assetklasse “Aktien” gelistet ist – oder umgekehrt – wurde mir nicht klar) und ein Bitcoin-Zertifikat.

Auf Minenaktien sind 21% des Fonds-Kapitals allokiert. Nach meinem Verständnis sind Minenaktien ethisch nicht unumstritten – passt das zum Fonds-Versprechen? Noch überraschter war ich aber von der Aktienposition: hier liegen insgesamt 25% des Kapitals. Allerdings nicht in internationalen Blue-Chips außerhalb des Euroraums, wie ich es aufgrund der Äußerungen von Friedrich & Weik erwartet hätte. Etwa die Hälfte der Titel kommt aus Deutschland, ein weiterer großer Teil aus dem Euro-Raum, dann gibt es noch ein bisschen Skandinavien und eine Blockchain-Aktie aus Kanada.

 

Der Teufel steckt im Detail

Und die Auflistung der Aktien enthält vermeidbare Fehler: Diverse Titel sind in falsche Segmente eingeordnet – Italian Wine Brands zum Beispiel läuft unter “Technologie (Italien)”, ein kleiner Scherz am Rande? – und während einzelne Titel verkauft worden zu sein scheinen (?), stehen die entsprechenden Prozentangaben weiter in der Liste und sind auch in den – damit falschen – Summen enthalten. Mangelnde Sorgfalt weckt bei mir kein Vertrauen.

Überrascht hat mich auch die Titelauswahl an sich. Es geht ja um Vermögenssicherung, und ich nehme an, dass entsprechend disponierte Anleger dies mit Investitionen in große, finanzstarke Unternehmen verbindet. Ein erheblicher Anteil (35%?) der Anlageklasse Aktien wird aber offenbar in Turnaround- und Übernahme-Kandidaten investiert. Dies ist transparent, wenn man auf die Page geht, auf der die Fonds-Manager vorgestellt werden. Das hatte ich bei meinem ersten Besuch im Januar nicht getan – und bei der Stichproben-Auswahl von Titeln mehrfach meinen Chart-Generator neu gestartet, weil ich aufgrund der seit mehreren Jahren abgestürzten Kurse dachte, das Chart wird nicht richtig erzeugt. Ich kann nicht beurteilen, ob sich diese Art des Stock-Pickings für die Anleger des Fonds langfristig auszahlt. Aber für mich war in der Fonds-Verpackung nicht das enthalten, was ich erwartet hatte.

 

Was heißt das?

Der Sachwerte-Mix, den Friedrich & Weik bei Talkshow-Besuchen und in Vorträgen propagieren, ist im Wertefonds nicht konsequent umgesetzt. Die Cash-Quote von ungefähr 20% wird zu 80% in Euro gehalten, auch in Aktien wird primär im Euroraum investiert. Es werden selektiv Stocks gepickt, die eine gewisse Ähnlichkeit mit den auf dem Youtube-Kanal von Friedrich & Weik lautstark kritisierten “Zombie-Firmen” nicht verleugnen können. Da ich in den Fonds nicht investieren möchte, stört mich die Diskrepanz nicht – im Gegenteil, für mich ist das eher ein Indikator, dass auch Friedrich & Weik und die Fondsmanager ihres Vertrauens in Wirklichkeit eher an einen “normalen”, zyklischen Crash als Chance glauben, als an den “größten Crash aller Zeiten”.

 

Kommt der Weltsystemcrash?

Und wie sieht es bei Max Otte aus, der den “Weltsystemcrash” voraussagt? Fairerweise muss man zu Max Otte ergänzen, dass er keiner der “Perma-Crash-Propheten” ist. Er hat vor der Finanzkrise 2008 ein Crash-Buch geschrieben, daneben aber auch allgemeinere Bücher zum Thema Finanzen und Investieren. Allerdings warnt er seit mehr als zwei Jahren vor einem Crash, der auf jeden Fall in der ersten Amtszeit von Donald Trump stattfinden soll. 

Auch Max Otte berät und bewirbt seit 2008 “seine” Fonds. Für den Max Otte Vermögensbildungsfonds AMI P kann das Factsheet im Internet abgerufen werden. Auch hier werden aktuell gut 20% in Cash gehalten, in der Gesamt-Währungsallokation liegt der Euro fast pari zum Dollar. Und die Länderallokation zeigt Deutschland mit knapp 15% versus USA mit gut 23%  – damit sind die USA im Vergleich zum MSCI World extrem unter-, Deutschland extrem überrepräsentiert. Der unmittelbare Untergang Deutschlands und des Euros wird auch von Max Otte und Team anscheinend nicht erwartet.

 

Was ist mit den geopolitischen Risiken?

Für sein aktuelles Buch hat Max Otte den Bogen noch mal größer gespannt, und die geopolitische Großwetterlage mit einbezogen. Tenor: Machtgefüge verschieben sich, überall brodelt ist, das kann nicht mehr lange gut gehen. Aber ist das nicht weltpolitisches Tagesgeschäft? Seit es Großmächte gibt, ringen sie um geopolitische Macht. Immer auch in Verbindung mit wirtschaftlichen Dynamiken (wenn dich das Thema historisch interessiert: das Standardwerk Rise and Fall of the Great Powers von Paul Kennedy, das Entwicklungen der Jahre 1500 bis 2000 darstellt, gibt’s auch in einer deutschen Übersetzung).

In der entwickelten Welt gibt es eher weniger militärische Konflikte als früher. Und Streiks, Demonstrationen und Unruhen sind auch kein neues Phänomen. Ich würde zustimmen, dass gesellschaftliche Spannungen, zumindest gefühlt, zugenommen haben. Und ich glaube, dass die mit der Digitalisierung einhergehenden Veränderungen gesellschaftlichen Sprengstoff mitbringen. Ob das linear-zwangsläufig in einem Weltsystemcrash enden muss, bezweifle ich trotzdem. Denn im Rückblick wirken Entwicklungen häufig geradliniger, als sie tatsächlich waren

 

Jahrtausend alte Weisheit

Du kannst dir in diesem Vortrag vor der Preußischen Gesellschaft Berlin Brandenburg selber ein Bild von Max Ottes Argumentationskette machen. Der Vortrag entwickelt sich eher zäh, aber interessant ist: Im Gegensatz zu den typischen Interviews auf Youtube wird Otte hier hinsichtlich einer krisenfesten Asset-Allokation sehr konkret. Und die scheint mir überraschend zeitlos: für das “normale Krisendepot” empfiehlt er 33,3% Aktien, 33,3% Immobilien und 33,4% Anleihen, Cash, Devisen und Edelmetalle (davon 10-15 Prozent, wichtig: nicht Prozentpunkte, Gold). Im “sehr konservativen Krisendepot” liegen dann 25% Aktien, 30% Immobilien und 45% Anleihen, Cash, Devisen und Edelmetalle (15-20% Gold, siehe oben).

Ein Drittel Aktien, ein Drittel Immobilien, ein Drittel “bar” – das kommt mir doch bekannt vor? Genau, das ist eine ganz klassische Vermögens-Allokation, die ich auch unter dem Namen “Drei-Speichen-Regel” gefunden habe. Sie stammt angeblich aus dem babylonischen Talmud. Dieser althergebrachte Mix soll also sogar “die Geburt einer neuen Weltordnung” überstehen. Außerdem warnt Otte selbst vor Hysterie, und sieht uns schon auf dem halben Weg durch die Krise.

 

Was heißt das? 

Auch Max Ottes Empfehlung sieht mir eher nach einem Allzeit-, als nach einem Portfolio für den Weltuntergang aus. Und selbst wenn Otte den “Weltsystemcrash” ehrlich befürchten sollte: trotz wirtschaftlicher Sachkompetenz kann auch er komplett daneben liegen, wie seine Einschätzung zu Kraft Heinz aus dem Herbst 2018 zeigt. Prognosen sind eben am schwierigsten, wenn sie sich auf die Zukunft beziehen.

 

Draghi Crash, schwarze Schwanenküken und eine bürgerliche Revolution?

Große Um- und Zusammenbrüche im Finanz- und gesellschaftlichen System sagt auch Markus Krall seit mehreren Jahren vorher. Krall hat Banken beraten und nach eigenen Angaben deren Risikoanalyse-Systeme federführend mitentwickelt. Deshalb gilt er als Insider des Finanzsystems. Er hat sich mit seinem Buch “Der Draghi-Crash” als Mahner positioniert, und erzählt in Interviews immer wieder, dass er vergeblich versucht hat, politische und institutionelle Entscheider davon zu überzeugen, notwendige Reformen des Systems anzugehen.

Kernthemen der meisten seiner auf Youtube geposteten Auftritte sind eine verfehlte EZB-Politik, marode Banken, Zombie-Firmen und die TARGET2-Salden. Er sagt den baldigen Untergang des Euros vorher, und kassiert Widerspruch und wohl kalkulierte Lacher, wenn er darauf beharrt, in Wirklichkeit ein Optimist zu sein. Das Gros seiner Zuhörer versteht möglicherweise nicht, dass er es ernst meint. Wie könnte ein Systemcrash etwas gutes sein?

 

Goldbug und Revoluzzer?

Auch andere Crash-Propheten sprechen von der reinigenden Wirkung, die eine Systemkrise haben kann – im Sinne von Schumpeters schöpferischen Zerstörung. Aber Markus Krall könnte noch aus anderen Gründen optimistisch sein. Zum einen ist er seit Herbst letzten Jahres Sprecher der Geschäftsführung der Degussa Goldhandel GmbH. Und sollte damit wirtschaftlich profitieren, wenn der Preis von Gold steigt. Typischerweise reagiert der Goldpreis positiv auf angenommene oder echte Krisen, und die lokale Nachfrage dürfte sich potenzieren, wenn ein Währungskollaps zu befürchten ist. Und genau den prognostiziert Krall für den Euro.

Zum anderen wünscht Markus Krall sich eine “bürgerliche Revolution”. Es hat mich erstaunt, dass dieses Thema medial nicht aufgegriffen wird. Denn Kralls “Weg aus der Knechtschaft” (Titel seines Vortrags beim Hayek-Club in Hannover im Oktober 2019 , in Anlehnung an ein Buch von Hayek) scheint mit weitgehenden Verfassungsänderungen einherzugehen – zum Beispiel der Ausübung des Wahlrechts nur bei Verzicht auf Transferleistungen, der Wiedereinführung des Goldstandards, und einem weitreichenden Recht auf das Tragen von Waffen. Interessante Punkte, die im Programm der Atlas-Initiative, deren Vorsitzender Krall ist, so explizit nicht auftauchen. Für eine Revolution könnten Crash- und Depressions-Ängste, erst recht natürlich ein tatsächliches Wanken des Wirtschafts- und Finanzsystems eine ideale Plattform sein. Insofern vielleicht gar nicht so zum Lachen, wenn Markus Krall sich in diesem Zusammenhang als Optimist bezeichnet. 

 

Der größte Aufschwung aller Zeiten?

In meinem Post geht es aber nicht um mögliche politische Ambitionen der Crash-Gurus. Sondern darum, ob die sinnvollste Reaktion auf Crash-Bücher, Vorträge und Interviews wirklich das Verfallen in eine Schockstarre, das Hating in Youtube-Kommentaren, oder die sofortige Mutation zum Selbstversorger auf dem Land ist – oder ob man mit den Analysen auch rationaler umgehen kann. Dazu bietet dieses Gespräch zwischen Markus Krall und Roland Tichy Material, das mich im Ergebnis wirklich überrascht hat. 

Krall skizziert im Interview eine Krise in drei Phasen, die spätestens im dritten oder vierten Quartal 2020 beginnt. Auslöser werden laut Krall Kreditrestriktionen sein und eine eventuell scharfe Rezession. Daraus entwickelt sich zwei bis drei Quartale lang eine Pleiten-Spirale von Banken und Unternehmen, die Mitte 2021 in eine deflationäre Phase mündet. Im dritten Quartal 2021 rechnet er mit massivem geldpolitischen Gegensteuern, Banken-Rettungen und -verstaatlichungen, und einer sich daraus ab dem vierten Quartal 2021 ergebenden Inflationsphase. Anfang 2022 zerbricht in Kralls Szenario der Euro und es kommt in diesem Zug zu Enteignungs-Phänomenen. 

Aber: Schon in 2023 sieht Krall einen Aufschwung beginnen “wie wir ihn noch nie hatten”. Damit würde der “größte Crash aller Zeiten” nicht mal halb so lange dauern wie die Finanz- und Euro-Krise zwischen 2008 und 2014? Das hört sich deutlich weniger gravierend an, als ich erwartet hätte. (Wenn es dich interessiert: finanztip hat den damaligen zeitlichen Ablauf aus Anlegersicht sehr anschaulich dargestellt).

 

Was heißt das?

Die von Markus Krall skizzierte Deflation in der ersten Phase bedeutet fallende Preise von Vermögenswerten. Also Kaufgelegenheiten – für Langfrist-Anleger, die liquide, und nicht überhebelt sind. Von einer nachgelagerten Inflation profitieren Vermögenswerte. Ja, es könnte dann auch zu Zwangsbesteuerungen kommen. In jedem Fall ist die beste Ausgangsposition auch in diesem Szenario wieder, reales/Produktiv-Vermögen aufzubauen: Selbst 50% von 100 sind mehr als 100% von 0.

 

Mein Fazit

Du kannst dich natürlich selber entscheiden, wie weit du dich von Crash-Prognosen beeinflussen lassen willst. Markus Krall hat wahrscheinlich das fundierteste Insiderwissen zum Banken-System, und er geht mit seinem konkreten Timing ein Reputations-Risiko ein. Nehmen wir sein Szenario einfach mal als den fundiertesten Worst Case. Da er für Deutschland einen Umbruch der politischen Ordnung und eine Währungsreform voraussagt, ist das auch ein echtes Brett. Und trotzdem: nur zwei Jahre später sollen die besten aller Zeiten anbrechen.

Dieser Zeitraum wäre massiv kürzer als die Finanz- und Euro-Krise zwischen 2008 und 2014. Die damalige Mega-Krise des globalen Finanz- und Euro-Währungssystems haben die meisten Menschen in Deutschland wahrscheinlich nur medial “erlebt”. Ich selber habe meinen Job verloren, und unsere Fonds standen mit mehr als 50 Prozent im Minus. Trotzdem gab es in meinem Alltag keine apokalyptischen Zustände. 

 

Augen auf beim Sockenkauf

Klar, deutsche Anleger haben damals Geld auf isländischen Tagesgeldkonten versenkt – aber sie hätten sich über das Warnzeichen überdurchschnittlich hoher Zinsen nicht hinwegsetzen müssen. Der Zins bleibt ein Risiko-Indikator, Stichwort heute: P2P- und sonstige Crowdinvesting-Angebote. Es war im Vorfeld der Lehman-Pleite auch kein Geheimnis, dass Zertifikate ein Emittenten-Risiko haben.

Damit will ich nicht Anlageberater in Schutz nehmen, die das Vertrauen von Kunden ausnutzen. Es zeigt nur noch mal, wie wichtig es ist, Verantwortung für die eigenen Finanzen zu übernehmen und zu verstehen, in was und mit welchem Chance-Risiko-Verhältnis man investiert. Und da ist wahrscheinlich ein Mittelweg zwischen Schockstarre im selbst geklöppelten Bunker und dem gierigen Überrennen von Warnschildern (öhömm…) die beste Lösung. Wie immer.

 

Und jetzt?

Ich eigne mich zwar nicht zur Crash-Prophetin, aber auch ich bin sicher: Ja, es wird einen Crash an den Aktienmärkten geben. Und ich glaube im Gegensatz zu vielen anderen nicht, dass es an den Immobilienmärkten dauerhaft nur noch nach oben gehen wird. Vielleicht wird der nächste Aktien-Crash vom Coronavirus ausgelöst, oder von einer Rezession, oder von etwas ganz anderem. Vielleicht schon in diesem Jahr, möglicherweise vor Ende des nächsten Jahres, vielleicht erst in fünf Jahren. Wann genau, weiß niemand. Mit dieser Unsicherheit müssen wir also leben.

Alle bisherigen Crashes haben sich im Rückblick als Kauf-Chancen erwiesen – je stärker der Crash, desto größer die Chance. 

Und jedesmal hieß es “diesmal ist alles anders”. 

Auf die Prognosen von Crash-Gurus gibt es keine Gewährleistung, keine Geld-zurück-Garantie. Pick dir für deine Anlagestrategie aus ihren Ideen nur das heraus, von dem du wirklich überzeugt bist. Auch wenn es an den Märkten stürmisch werden sollte.

Und hör dir als Kontrastprogramm ruhig mal Investoren an, die in konstruktiven Möglichkeiten denken, um mit ungünstigen Rahmenbedingungen wie der aktuellen Nullzins-Politik umzugehen (erfrischend originell finde ich zum Beispiel Markus Elsässer mit seiner “Arsch-huh”-Philosophie. Auf dieser Veranstaltung sagt er auch noch mal sehr deutlich, wie sich eigentlich jeder verhalten müsste, der wirklich an einen kurzfristig bevorstehenden Crash glaubt).

Also, nie vergessen: Angst sells. Das ist das Geschäftsmodell aller Crash-Propheten. Aber wir müssen nicht kaufen.

 

Financial Independence Rocks.

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5 Comments

  • Reply
    18 gute Jahre
    February 21, 2020 at 12:30 pm

    Wunderbarer Beitrag, danke! Ich bin der Meinung, dass “Reputationsverlust” nicht genug ist. Wer sich so sicher ist wie Krall und die genauen Daten kennt, sollte den Markt shorten und finanziell dafür bluten, wenn er falsch liegt. Reputation kann man durch Marketing auch wieder aufbauen. Sonst bleibt das alles reine Spekulation mit vielen Chancen für ihn und kaum Risiken.

    • Reply
      Financial Independence Rocks!
      February 21, 2020 at 12:59 pm

      Lieber 18 (und hoffentlich noch mehr 🙂 ) gute Jahre,

      vielen Dank für Deinen Kommentar! Und ich freu mich über jeden, der den Post teilt, um ein bißchen mehr Rationalität in das Thema zu bringen.

  • Reply
    Presskoppweck
    February 27, 2020 at 4:33 pm

    “Schon in 2023 sieht Krall einen Aufschwung beginnen “wie wir ihn noch nie hatten”.”

    Ohne die Besinnug auf die alten Tugenden wird das nichts mit dem Aufschwung; Krall sieht seine Bürgerliche Revolution als Basis für diesen Aufschwung an.
    Ich persönlich kann mir zwar vorstellen daß Krall mit seiner Prognose bezüglich des Crashes recht behält (auch wenn er sich mit dem Zeitplan seeehr exponiert), aber den von ihm prognostizierten Aufschwung sehe ich so nicht kommen. Es fehlt das passende Personal für seine bürgerliche Revolution, sowohl oben als auch unten. Keine Arme, keine Kekse …

  • Reply
    Telebroker
    March 10, 2020 at 10:44 am

    Hallo Katrin,
    ein sehr analytischer Beitrag, auf den ich erst stoße nachdem ich die Kandidaten in diversen Youtube Videos “genoßen” habe. Der gelassenen Analyse schließe ich mich an.
    Einen Wunsch hätte ich aber an Dein Blog: Es wäre sehr hilfreich, wenn Du Deine Beiträge mit einem Datum versiehst – damit man gerade in diesen turbulenten Tagen die chronologische Einordnung vornehmen kann.
    Herzliche Grüße aus dem Fernen Osten!

    • Reply
      Financial Independence Rocks!
      March 10, 2020 at 11:03 am

      Hallo Telebroker,

      vielen Dank für Deinen Kommentar und die Zustimmung. Und Danke für den Hinweis mit dem Datum: ich hatte das für die Übersichtsseite rausgenommen, und hab nicht bemerkt, dass es dann generell nicht mehr angezeigt wird. Packe ich direkt wieder rein.

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