Huhu, dies ist ein Post speziell für Berufseinsteiger. Ich mache eine Serie Personal Finance 1.0 zu Finanz-Themen, die du zum Start ins Erwachsenenleben kennen solltest. Wenn du schon älter bist: Vielleicht kennst du ja jemanden, für den diese Infos nützlich sein könnten. Dann freue ich mich, wenn du sie teilst.
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Los geht’s!
Super, du hast deinen ersten richtigen Job gefunden. Ich geh jetzt mal davon aus, dass wir über einen Vollzeit-Angestelltenjob reden. Lass uns einfach mal anschauen, wie sich dein Brutto-Einkommen zusammensetzt, und was am Ende davon wirklich auf deinem Konto ankommt.
Wichtiger Punkt: Falls du eine Beamtenlaufbahn eingeschlagen hast, gestalten sich deine Be- und Abzüge anders. Aber wenn du die grundsätzlichen Themen kennst, die ich hier anspreche, kannst du dich von da aus selber zu den Details für Beamte schlau machen. Da kenne ich mich nämlich nicht aus.
Dein Gehalt
Bestimmt hast du in deinem Vorstellungsgespräch eine Info bekommen, wie sich dein Jahresgehalt zusammensetzt: sind es 12 Monatsgehälter oder vielleicht 13 oder 14? Oder 12 Gehälter plus ein fixes Weihnachtsgeld? Vielleicht gibt es auch einen variablen Unternehmens- oder persönlichen Bonus?
Wenn du das jetzt gar nicht so genau weißt, schau in deinen Arbeitsvertrag, da sollte dies detailliert drin stehen. Das ist wichtig für deine Einnahmen- und Ausgabenplanung. Wenn du zum Beispiel im Sommer und zu Weihnachten jeweils eine zusätzliche Zahlung bekommst, sind diese ideal für Extra-Rücklagen. Das gleiche gilt für Boni.
Freiwillige Zusatzleistungen des Arbeitgebers
In deinem Arbeitsvertrag sollte auch stehen, welche weiteren Zuschüsse oder Vergünstigungen dein Arbeitgeber leistet. Wenn du in einem Konzern arbeitest, gibt es eher mehr solcher Bausteine, in einem kleinen Betrieb normalerweise weniger. Das können zum Beispiel vergünstigte Großkunden-Abokarten für den ÖPNV sein, oder Vermögenswirksame Leistungen (VWL), für die bis zu einer Gehaltsobergrenze zusätzlich ein staatlicher Zuschuss beantragt werden kann. In der Agentur, in der ich als Trainee angefangen habe, gab es “Restaurant-Tickets”, die auch als Zahlungsmittel im Lebensmittel-Einzelhandel eingesetzt werden konnten.
Auch solche Vergütungsbestandteile sind normalerweise spätestens im zweiten Vorstellungsgespräch Thema. Unternehmen gehen ja davon aus, dass attraktive Zusatzleistungen sie für Bewerber interessanter machen. Also, falls du das diesmal noch nicht gemacht hast ein Tipp für den nächsten Job-Wechsel: genau nachfragen, wie sich das Gehalt zusammensetzt.
Betriebliche Altersvorsorge durch Entgeltumwandlung
Was Arbeitgeber in jedem Fall anbieten müssen, ist die Möglichkeit, einen Anteil des Gehalts in Beiträge zu einer betrieblichen Altersvorsorge umzuwandeln. Das ist ein komplexes Thema, das den Rahmen dieses Posts sprengen würde. Nur damit du ungefähr weißt, worum es geht: Diese Vorgabe ist vom Gesetzgeber gemacht worden, weil das gesetzliche Rentenniveau in Zukunft so niedrig sein wird, dass du auch privat vorsorgen mußt. Sonst könntest du im Alter finanziell sehr unangenehm überrascht werden.
Nur damit es kein Missverständnis gibt: Ich spreche nicht von Betriebsrenten, bei denen der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer nach einer bestimmten Betriebszugehörigkeit eine lebenslange Rente zahlt. Dieses Modell gibt es heute praktisch nicht mehr. Hier geht es um Altersvorsorge-Sparverträge, die über den Arbeitgeber abgewickelt werden. Für Neuverträge ab 2019 ist der Arbeitgeber zu einem Zuschuss von mindestens 15% verpflichtet, da er – genauso wie du – bei der Gehaltsumwandlung Sozialversicherungsbeiträge spart. Höhere Zuschüsse kann er natürlich freiwillig leisten.
Prüfen, was für dich Sinn macht
Beiträge zur privaten Altersvorsorge musst du normalerweise aus deinem Netto-Gehalt zahlen. Die betriebliche Altersvorsorge hat demgegenüber für dich den Vorteil, dass die Beiträge – bis zu bestimmten Grenzen – aus dem Brutto gezahlt, und keine Sozialversicherungsbeiträge fällig werden. Die Abzüge erfolgen dann erst in der Rente. Dabei wird davon ausgegangen, dass du als Rentner tendenziell einen niedrigeren Abgabensatz hast, als während deiner Berufstätigkeit.
Aber Achtung: Wenn du mit deinem Gehalt nicht über der Beitragsbemessungsgrenze für die gesetzliche Rentenversicherung liegst – aktuell bei 6.700 Euro im Westen und 6.150 Euro im Osten zahlst du um den Betrag der Gehaltsumwandlung weniger in die gesetzliche Rentenversicherung ein. Und du verzichtest auf den entsprechenden Arbeitgeberanteil. Dem steht jetzt zumindest der 15% Pflichtzuschuss gegenüber.
Wenn du im Verlauf deines Berufslebens gut verdienst, sind die Grenzen für den Betrag, den du sozialversicherungs- und steuerfrei umwandeln kannst, allerdings relativ niedrig. Du bist davon abhängig, welchen Durchführungsweg der Arbeitgeber ausgewählt hat und kannst nicht frei über das Anlagevehikel entscheiden. Wenn du den Arbeitgeber wechselst, hat der sich mit hoher Wahrscheinlichkeit für ein anderes Produkt entschieden. Du solltest dir sehr genau durchrechnen, ob ein Abschluss für dich wirklich nachhaltig vorteilhaft ist. Mehr Infos und gute Beispiel-Rechnungen findest du bei Finanztip.
Einkommensteuer
Damit kommen wir auch schon zu den gesetzlichen Abzügen von deinem Brutto-Gehalt. Zuerst einmal die Einkommensteuer, und dann die Sozialversicherungsbeiträge. Die Höhe der Einkommensteuer hängt von der Höhe deines Gehalts und deiner Steuerklasse ab. Als alleinstehender Single hast du zum Beispiel die Steuerklasse I.
Wir haben in Deutschland eine progressives Steuermodell. Je mehr du verdienst, desto höher wird jeder zusätzliche Euro besteuert. Es gibt einen Grundfreibetrag von aktuell gut 9000 Euro, auf den gar keine Steuern fällig werden. Der Eingangssteuersatz liegt bei 14 Prozent, und der Spitzensteuersatz von 42% greift ab einem Einkommen von aktuell ca. 56.000 Euro für einen Single. Ab einem Einkommen von ca. 250.000 Euro pro Person gibt es dann noch die sogenannte “Reichensteuer”.
Zusätzlich zur “normalen” Einkommensteuer gibt es noch einen Zuschlag von 3,5%, den Solidaritätszuschlag, auch “Soli” genannt. Der ist ursprünglich mal zweckgebunden im Rahmen der deutschen Wiedervereinigung eingeführt worden. Daher aus meiner Sicht ein Unding, dass er nicht längst wieder abgeschafft wurde.
Wenn du einen Firmenwagen hast, den du auch privat nutzen darfst, wird auch diese Nutzung als geldwerter Vorteil besteuert. Einmal mit einem Anteil auf den Netto-Kaufpreis für die private Nutzung im allgemeinen, und dann noch mit einer Versteuerung auf die Kilometer für den Weg von deinem Zuhause zur Arbeitsstätte.
Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung
Neben der Einkommensteuer werden von deinem Brutto-Gehalt die Beiträge zur Sozialversicherung abgezogen. Das sind die gesetzliche Renten-, Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung. Wenn du privat krankenversichert bist, bekommst du den Arbeitgeberanteil zur Kranken- und Pflegeversicherung mit dem Nettogehalt ausgezahlt und regelst die Zahlung der Versicherungsbeiträge direkt mit der Krankenkasse.
Ich werde noch einen separaten Post zum Thema gesetzliche versus privater Krankenkasse schreiben. Voll privat krankenversichern darfst du dich in Deutschland erst ab einem Gehalt von aktuell 60.750 Euro (2019). Zusatzversicherungen bei privaten Krankenkassen kannst du auch als gesetzlich Krankenversicherter abschließen. Über die Krankenversicherung läuft auch der Pflicht-Beitrag zur Pflegeversicherung. Der Beitrag zur gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) liegt aktuell bei 14,6 Prozent, je nach Krankenkasse kommen dazu individuelle Zusatzbeiträge. Der Beitrag zur gesetzlichen Pflegeversicherung beträgt 3,05%, für Kinderlose gibt es einen Aufschlag und der Beitrag beträgt dann 3,3%. Die privaten Krankenkassen kalkulieren auch für die Pflegeversicherung die Beiträge selber.
Beiträge zur gesetzliche Renten- und Arbeitslosenversicherung
Der Beitragssatz der gesetzlichen Rentenversicherung liegt aktuell bei 18,6%. Die Hälfte wird von deinem Brutto einbehalten, die andere Hälfte wird vom Arbeitgeber gezahlt. Auch die gesetzliche Rentenversicherung bekommt noch einen separaten Post.
Und dann werden noch 2,5% des Bruttos (alles immer bis zu den betreffenden Beitragsbemessungsgrenzen) für die Arbeitslosenversicherung fällig. Auch hier wieder zur Hälfte von deinem Brutto-Gehalt einbehalten, die andere Hälfte übernimmt der Arbeitgeber. Wenn dich die Funktion der Arbeitslosenversicherung interessiert: ich habe dazu hier ausführlicher geschrieben.
Nicht vergessen: für die Beiträge bekommst du auch etwas
Oops, jede Menge Abzüge, das ist natürlich erst mal nicht schön. Aber denen stehen auch Leistungen gegenüber. Mir fällt gerade in Kommentaren zu Finanzthemen auf, dass die Situation in Deutschland gerne als ganz furchtbar gerade im Vergleich mit den USA wahrgenommen wird. Das ist im Hinblick auf die staatlich begünstigten Möglichkeiten zum Vermögensaufbau auch nicht falsch.
Man darf aber nicht vergessen, dass die Kehrseite der liberaleren Marktwirtschaft in den USA eine deutlich schlechtere soziale Absicherung ist. Du kannst ja mal zur amerikanischen Krankenversicherung googlen, ich möchte da nicht tauschen. (Obwohl ich mir ansonsten sehr gut vorstellen könnte, noch einmal in den USA zu leben). Arbeitsverträge können normalerweise “at will”, und damit sehr kurzfristig gekündigt werden. Und mit amerikanischen Klassikern wie 14 Urlaubs- inklusive Krankheitstagen dürfte nicht jeder ans deutsche System Gewöhnte so richtig happy sein.
Auch im Bereich Bildung wird der einzelne deutlich stärker “privat” zur Kasse gebeten. Zum einen zum Beispiel indirekt über Grundsteuern, mit denen die Schulen finanziert werden. Zum anderen über inzwischen exorbitante Kosten für ein Universitätsstudium, das viele Absolventen mit einem Riesen-Schuldenpaket in den Beruf starten lässt. Also, vielleicht einfach mal auf die Vorteile schauen, die das eigene System bietet. Und ansonsten nicht nur jammern, sondern sich dann auch trauen, das Leben in einem anderen Land auszuprobieren.
Lass dir also nicht alles negativ reden, falls dir solche Kommentare begegnen.
Alles klar?
Das war’s eigentlich schon. Schau dir mal an, ob du auf deiner Gehaltsabrechnung alle Beträge und Abzüge nachvollziehen kannst. Du solltest auf der Abrechnung zusätzlich Infos wie deine Personal-Nummer und das Eintrittsdatum in den Betrieb finden. Oft ist auch der Rest-Urlaubsanspruch angegeben. Wenn es etwas gibt, das du nicht verstehst, schau doch ruhig mal bei der Lohn-Buchhaltung vorbei und lass es dir erklären. Ich finde die Abrechnungen oft eher schwierig zu verstehen, sie sehen auch in jedem Unternehmen anders aus. Es ist also überhaupt nicht peinlich einmal nachzufragen.
So, und nach dem ganzen Gerede über Abzüge – jetzt freu dich nochmal so richtig über das Gehalt, das du dir diesen Monat verdient hast!
Katrin / Financial Independence Rocks.
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